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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Der Journalist:  Was kennen Sie von moderner Kunst? Ochsenschwanz:  Götz von Berlichingen. Der Journalist:  Und von Philosophie? Ochsenschwanz: Nix. Der Journalist:  Er meint Nietzsche! Der Übermensch, der Übermensch ist da!127 Selbstästhetisierung und Selbstverherrlichung verkehren sich in deren Ge- genteil. Der vor Kraft und Willensstärke strotzende Boxer erweist sich als von Dummheit und Ahnungslosigkeit geschlagen. „Von den herrlichsten Geistern der Menschheit“128, notiert der Reporter: „eine gerade Linie von Kant über Nietzsche bis Ochsenschwanz“129. Die kritisch reflektierende Literatur lässt sich nicht (mehr) täuschen.130 In skeptisch-ironischer Tonlage werden die Bor- niertheit und Beschränktheit des Sportlers, der sich als tumber Knochenbre- cher erweist, ins Zentrum gerückt. Beethoven stuft Ochsenschwanz zum „Di- lettanten“ herab und rühmt sich zugleich der Bekanntschaft der prominenten Boxer Dempsey und Paolino Uzcudun.131 Die Distanz und das Desinteresse Ochsenschwanz’ zu und an klassischer bürgerlicher Bildung werden von Krenek deutlich ins Polemische gewendet und dialektisch überhöht; der Fragesteller 127 Ebd., S. 175f (Hervorh. im Orig.) 128 Ebd., S. 176 129 Ebd. 130 In der Erzählung Der Boxkampf von Gabriele Wohmann liefern sich zwei „Sprechboxer“ (Woh- mann 1972, S. 5) einen rhetorischen Schlagabtausch; in Nicolas Borns Text Der Boxkampf for- dern sich Ludmilla und Otto: „Wir schlagen uns ineinander, werden ein Fleisch, wälzen uns, wedeln, schlenkern die Körper.“ (Born 1983, S. 56) Volker Braun erzählt im Gedicht Der Fight des Jahrhunderts einen legendären Boxkampf mit dem Mittel der Wortneuschöpfung: Joe Frazier „porscht vorwärts“ (Braun 1978, S. 77), Muhammad Alis (hier noch: Cassius Clay) Reaktion: „Rabaumeln im Infight“ (ebd.). Matthias Altenburg beschreibt im Roman Landschaft mit Wölfen den Beginn eines Kampfabends: „Der Gong, den sie hier verwenden, klingt wie ein kaputter Topfdeckel.“ (Altenburg 1997, S. 108) Herbert Asmodi porträtiert im Gedicht Beschreibung eines Kämpfers einen Boxer im Ausgedinge: „Schau dich an. Schau wie du aussiehst. / Dein Gesicht hat man dir abgeprügelt. / Deine Augen sind ruiniert. / Dein Mund ist zur Grimasse zerhaut.“ (Asmodi 1975, S. 75) Günter Kunert überschreibt eines seiner Gedichte mit Alter Boxer (Kunert 2001, S. 86), und Jörg Fauser lässt in Box-Abend zwei „von keinem Stern erleuch- tete Männer“ (Fauser 2009, S. 142) im Ring aufeinanderprallen; in Ring Lardners Erzählung Champion ist ein Boxer bereits 1924 „so brav und anspruchslos wie ein Schulmädel“ (Lardner 1982, S. 89); in Franz Mittlers Gedicht Der erste Sportbericht schlägt Abel seinen Bruder Kain knockout (vgl. Mittler 1969, S. 66); Yukio Mishima schwärmt in Der Sport und ich übertrieben von der „Reinheit dieser Göttin“ (Mishima 1993, S. 263) Boxen, während Dieter Wellershoff im Dramatext Anni Nabels Boxschau einen Boxer so anpreisen lässt: „,Anton, der schwarze Mann, stammt direkt vom Affen ab.‘“ (Wellershoff 1962, S. 56) 131 Vgl. Junghanns 1997, S. 132; Hollaender 1927, S. 284 181 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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