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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Konvergenzen zwischen Boxen und Brutalität her, die zur besseren Sichtbarma- chung der im Boxen vorherrschenden Gewaltmechanismen und Konflikthierar- chien beitragen. Die Durchformung von Körper und Individualität des Boxers bewirken, dass die „Machtverhältnisse […] in das Innere der Körper“178 überge- hen – sich aber in eruptiven Ausbrüchen der Brutalität zeigen. Kraftaufbau und Körperorganisation – im Boxen häufig verklärend mit der Disziplinierung von Affekten assoziiert – sind keine Garanten mehr für humane Zivilisierung. Die „Machtverhältnisse legen ihre Hand“179 auf den Körper, so Foucault in Überwa- chen und Strafen: „[S]ie umkleiden ihn, sie markieren ihn, dressieren ihn, martern ihn, zwingen ihn zu Arbeiten, verpflichten ihn zu Zeremonien, verlangen von ihm Zeichen.“180 Jenes diskursive Geflecht, das Foucault als signifikant für die Macht beschreibt, breitet sich (für alle in der Boxarena sichtbar) über die Kör- per der Boxer aus. In der Erzählliteratur des frühen 20. Jahrhunderts findet sich dieses „Netz [von] Dispositionen, Manövern, Techniken, Funktionsweisen“181 dargestellt. Das literarisierte Boxen, ließe sich daraus schließen, illustriert das kausale Denken der Moderne. In dem Feuilleton Training greift Joseph Roth zur besseren Veranschauli- chung auf die Animation des Unbelebten zurück, um so den sportlich bemäntel- ten Aktionismus des Boxens als eine Form des Brutalen zu überführen, die sich als kämpferisch-kompetitive Einstellung zum Leben tarnt. Der Reporter wird in der Trainingshalle auf ein „großes Lederkissen, das an einem Strick hängt“182, aufmerksam: Es fingiert einen Gegner. Die Schlaglust der Boxer darf sich ungehindert daran austoben. Es empfängt unerhörte Hiebe und wehrt sich nicht, dank einer dicklei- bigen Unempfindlichkeit, wie sie nur ein Kissen aufzubringen vermag. Der Boxer, der es züchtigt, schwitzt bereits, das Kissen hat die berühmtesten Gegner personi- fiziert, die weißen und auch die schwarzen, sie sind alle geschlagen – und schwä- cher, getreu im jeweiligen Rhythmus der empfangenen Leidenschaft.183 „Die feindlichen Boxer kreuzen ihre Fäuste, ritterlich, wie Kämpfer sind“184, blendet sich Roth dann 1923 in Die Boxer (II) als Ringbeobachter in einen an- stehenden Boxkampf ein: 178 Foucault 2003, S. 298 179 Foucault 1977a, S. 37 180 Ebd., S. 37 181 Ebd., S. 38 182 Roth 1989c, S. 770 183 Ebd. 184 Roth 1989b, S. 999 190 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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