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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Gaston (zählt sie aus). Professor Himmelhuber (traut seinen Augen nicht): Meine Tochter! Anna Maria (mit gebrochener Stimme, verklärt):  Ach, war das schön! Gaston (wirft Ärztekittel und Brille ab, auf den vollständig perplexen Ochsenschwanz los): Ah, hab’ ich dich! Saub’rer Patron! Elender Sadist! Ehebruch! Schändung von Minderjährigen! Jetzt ruf’ ich deine Frau! […] Professor Himmelhuber (sammelt seine Tochter vom Fußboden auf): Unglückliches Kind! Ist das die junge Generation? Anna Maria (legt ihr Kleid notdürftig an): Verzeih’, Papa, ich hab’ halt einen Kom- plex.205 Die Praktiken des Boxens – Körpertechnisierung und Training – bündeln sich mit den interdiskursiven Funktionen des Sports nicht zuletzt zu einer Kritik der Lebensführung. In Nietzsche, die Genealogie, die Historie – unter diesem Titel auch in den Schriften zu finden – bestimmt Foucault: Der Leib – und alles, was damit zusammen hängt: Ernährung, Klima, Boden – ist der Ort der Herkunft; auf dem Leib findet man die Stigmata vergangener Ereig- nisse; aus ihm erwachsen die Begierden, Schwächen und Irrtümer; in ihm ver- schlingen sie sich und kommen plötzlich zum Ausdruck, aber in ihm lösen sie sich auch voneinander, geraten in Streit, bringen sich gegenseitig zum Verlöschen und tragen ihren unüberwindlichen Konflikt aus. Der Leib: eine Fläche, auf dem [sic] die Ereignisse sich einprägen (während die Sprache sie markiert und die Ideen sie auflösen); Ort der Zersetzung des Ichs (dem er die Schimäre einer substantiellen Einheit zu unterstellen versucht); ein Körper, der in ständigem Zerfall begriffen ist.206 Der Leib, so Foucault weiter, werde von der Geschichte gleichsam durchdrun- gen: Boxen verwandelt sich in einem regelrechten Spiegeltanz zu einem Aus- druck des Daseins. Insofern kann Boxen auch als eine Enzyklopädie des So- zialen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelesen werden. Die Idealisierung der Boxerfigur appelliert nämlich an ein Daseinsempfinden vor brüchiger Epochen- kulisse.207 Boxern wird die Fähigkeit zugestanden, lebenselementare Dynami- ken kanalisieren und regulieren zu können, die in epochentypischer Metaphorik als seelische Lavaströme begriffen werden, welche die äußere Form des Lebens 205 Ebd., S. 179f (Hervorh. im Orig.) 206 Foucault 2002, S. 174 207 Zur Lebensideologie, einer zentralen Signatur der Weimarer Mentalitätsgeschichte vgl. Lindner 1994, insbesondere S. 17, 119f, 125ff u. 143ff (Überblick) 194 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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