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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Trainingstortur in Der Boxer; Diätpläne in Schwergewicht oder Die Ehre der Nation Die Durchsicht des Textkorpus nach den spezifischen Implikationen der Trai- ningspraxis zeigt, dass jene Autoren, die sich dem Verhältnis von Literatur und Sporteuphorie differenziert widmen, das Gewaltsame und Inhumane der Boxsportübungen eingehend registrieren – auf Grundlage der erweiterten dis- kursiven Möglichkeitsbedingungen, die sowohl soziale Praktiken als auch ein Regime des Wissens umfassen. „Ich kam zu dem Türken Sadi in die Lehre“, referiert der Boxer Joseph in Klabunds Der Boxer, „ein Meister seines Faches, aber ein Schwein. Und Schwein ist noch zu wenig gesagt. Er hat mich halb zu Tode geprügelt.“304 Bald darauf schlägt das Training in schiere Selbstbezwin- gung um und bereitet Joseph peinigende Ich-Erlebnisse, angefacht durch die Drillmethoden des Trainers: Einmal, als ich zehnmal den Herzstoß probierte und er mir immer noch nicht nach seinem Wunsch gelingen wollte, boxte er mich in die Augen, daß ich sie beide nicht mehr aufschlagen konnte, danach gab er mir seinen berühmten Magenstoß, daß ich umfiel und wie ein Klotz liegen blieb.305 Mit deutlich abwinkender Handbewegung wenden sich die Autoren auch gegen die in der Trivialliteratur beschworenen Trainingsplanspiele, gegen das Forcie- ren von Diätetik, Askese, Kasteiung. „Jetzt sitzen sie wieder beisammen und fressen, was ihnen schmeckt, und ich, der Mann, muß zuschau’n“306, lärmt Och- senschwanz mit Blick auf das Frühstücksbuffet: „Verdammte Diät.“307 Dem Bo- xer ist eine „genau geregelte Diät“308 auferlegt, „Speisen oder Getränke werden vor dem Genuß mit einer Art Fieberthermometer gemessen“309; in Erich Käst- ners Boxer unter sich setzt sich die Schonkost für den Sportler gar aus „Kartoffeln und Gurken“310 zusammen. Die Menüfolgen sind in Wie schreibt man über einen Boxer? wiederum im Detail geregelt und von ironischen Wendungen bestimmt. „Der vorgeschriebenen Diät gemäß hält er sich von Schiffszwieback, eingelegten Bananen, Schildkröteneiern und rohem Knoblauch fern; Himbeerwasser und Renntiermilch sind auf seinem Tisch verpönt.“311 Verstöße gegen das Kostgebot 304 Klabund 1998, S. 299 305 Ebd. 306 Krenek 1974, S. 173 307 Ebd. 308 Ebd., S. 175 309 Ebd. 310 Kästner 1998a, S. 172 311 Kuh 1963, S. 72 208 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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