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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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die irgendwie einzige Religion.“360 Die diagnostizierte „Gottlosigkeit der Welt“361 wird in den Textkorpora des elaborierteren boxliterarischen Schreibens dennoch nicht zelebriert. Einerseits dient Religion in diskursivem Brückenschlag als Pa- rodie auf den grassierenden boxsportlichen Askese- und Körperfanatismus; die Gestalt des Boxers sei, so Kuh in Wie schreibt man über einen Boxer?, „restlose Ab- kehr von der Physiognomik eines Geschlechtes, das von seinem Helden noch in dichterischen Wendungen sprach wie: ‚Er berührt mit seinem Scheitel die Sterne‘, oder:  ‚Er hält mit den Göttern Zwiesprache.‘“362 Andererseits ermöglicht der pa- noptische Blick auf die divergierenden Bereiche von Boxen und Religion die auf- schlüsselnde Darstellung jenes tagespolitischen Segments, das vor dem Hinter- grund der kollektiven boxsportlichen Verzückung einer fixen Idee gleichkommt. Roths gedankliche Schlussfolgerungen über das „überraschende Titelbild“363 ei- ner „illustrierte[n] Wochenbeilage“364, auf dem ein „katholischer Priester in lan- ger Soutane“365 mit Boxtrainingsball abgebildet ist, verhaken in Der Boxer in der Soutane zwei Diskurse ineinander, die in der Kausalitätskette des Kämpfens für gewöhnlich polare Enden bilden: Seelenheil und Prügelei; die Bilder des Religiö- sen punktieren in Der Boxer in der Soutane jene des Boxens: Deutlich verrieten die ehrwürdigen Falten der Soutane die kampflustige Stellung der Beine, deren eines vorgestreckt war, wie es sich gehört, wenn man boxen will. Auch das Angesicht des jungen Priesters konnte keineswegs als friedfertig be- zeichnet werden. Vielmehr drückte es jene gespannte Entschlossenheit aus, welche die landläufigen Physiognomien unserer sportgeübten jungen Männer bildet und die, nebenbei gesagt, allmählich die harmlosen Gesichter aller unserer Zeitgenos- sen zu einer Art von Charakterköpfen zu verwandeln anfängt.366 Roth erweist sich einmal mehr als ein Beobachter auf Distanz, der mit schnel- lem Blick signifikante Details zum Boxen ermittelt: Es war ein bitterer, wenn auch verblüffend-erheiternder Ernst, aus dem sehr leicht ein blutiger geworden wäre, wenn der Priester statt eines Trainingsballes einen lebendigen Gegner vor sich gehabt hätte […]:  Denn was ein rechter Boxer ist, der gibt sich auf die Dauer mit einem Ball nicht zufrieden.367 360 Uzarski 1930, S. 18 361 Becker 1993, S. 234 362 Kuh 1963, S. 71 363 Roth 1991c, S. 185 364 Ebd. 365 Ebd. 366 Ebd. 367 Ebd., S. 186 216 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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