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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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tellträger“454 aussendet, nämlich Breitensträtters einstigen Rivalen auf Erden, „Onkel Paul Samson Körner“455, und „Onkel Rudolf Blümner“456. Im Paradies wimmelt es von Verrückten; der neu angekommene Boxer Breitensträtter blickt, ganz magisches Kind, in die Welt der lang gedienten Cherubim – und entdeckt reihum Masken des Wahnsinns. Boxen wird in Merfüsermär mit überspannten Mystizismen konfrontiert; Demaskierung und Desillusionierung sind die Fol- gen. Die Gehilfen der Duellanten beten ein „kurzes Menetekel“457, raunen die Begriffe „Angolaina“458 sowie „Upharsi“459 und beraten über die äußere Form der Fehde: „‚Ich schlage schwere Säbel mit halber Bandage vor.‘ ‚Nein‘, sagte Onkel Gustav, ‚ich meine eine Nacktpartie.‘“460 Paul Samson Körner kommt die zün- dende Idee: „Ich schlage boxen vor!“461 Die weitere literarische Ausführung der dem literarisierten Boxen häufig einprogrammierten Topoi Trainingsmarter und Ringfehde verweigert der Autor in Merfüsermär: „Hans Breitensträtter erhielt 14 Tage Zeit, um Boxen zu lernen.“462 Unter Schwitters Regie wird Boxen in Zei- ten des Boxsportbooms zur buchstäblich letzten Option. Boxen, die öffentlich- keitswirksame Inszenierung von Sport- und Bewegungskultur, hält als geselliges Vergnügen nur mehr wenig Reiz bereit. Die Betrachtungen zu Boxsport-Fana- tismus und Boxer-Fetischismus enden in Merfüsermär abrupt: „Hertha aber sah inaktiv zu, womit wir dieses Märchen beschließen wollen.“463 Schwitters scheut in diesem Bestiarium zeitgenössischer Charakterfiguren jedoch keineswegs die Vielschichtigkeit des Sportphänomens; zur Kenntlichmachung und Bloßstel- lung des Heroenkults dreht er Interpretation und Bewertung des Boxens mit Eifer über den Anschlag hinaus. Das Kunstwort „Angolaina“ eröffnet, wie dar- gestellt, die Verhandlungen der Sekundanten für den Boxkampf zwischen Brei- tensträtter und Röhl. Schwitters zitiert an dieser Stelle den Titel eines Gedichts des Breslauer Autors Rudolf Blümner, das aus rein phonetischem Sprachma- terial bestehende Ango laïna464. Mit Hilfe von Unsinnspoesie und Sprachspie- lerei wird die Gravitas des Boxens spielerisch unterlaufen. Die Wortbildung „Upharsi“ wiederum nimmt möglicherweise offen Bezug auf ein Bibelzitat. Der 454 Ebd., S. 146 455 Ebd. 456 Ebd.; Rudolf Blümner (1873–1945), deutscher Schauspieler und Autor 457 Ebd. 458 Ebd. (Hervorh. im Orig.) 459 Ebd. 460 Ebd. 461 Ebd. 462 Ebd. 463 Ebd. 464 Vgl. Blümner 1978, S. 215ff 228 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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