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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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einer Million“509 ausgezählter Boxer verbuchen kann, flüchtet sich ins Kasuis- tische: „Oh nein!“ lächelte weise der Greis. „Denn höre:  wäret ihr gleich, kämet ihr beide – oder auch: es würde mich Vetter Kinnhaken rufen um den unglücklicheren aus- zuzählen. So aber seh ich:  leider hat dein Bruder recht:  denn wäre er nicht der stär- kere, kämst du auch nicht zu mir. Doch, wie ich euch kenne –“ und da verbeugte er sich leicht – „hast sicher du den besseren Charakter!“510 Magenschwinger-links, ganz Relikt seiner Zeit, beginnt seinen Bruder darauf grundlos mit Verachtung zu strafen. „Jedoch eines Morgens stellte ihn dieser ob seines blöden Benehmens, das sich ein Mann in der Stellung eines Magen- schwingers-rechts unmöglich […] gefallen lassen durfte.“511 Horváth suspen- diert die durch die Märchenform vorgegebene Berechenbarkeit der Erzählung, jene teleologische Form, die zahllose Texte zum Boxen blindlings imitieren. In Die beiden Magenschwinger steigert der Autor die boxideologische Entlarvung von Satz zu Satz; an die Stelle leerer Affirmation tritt die Kenntlichmachung der engen Bewusstseinshorizonte von Boxer und Boxfangemeinde. Magenschwin- ger-links erweist sich jedenfalls als ein unbelehrbarer Jünger des Irrationalismus: Nachdem Magenschwinger-rechts „ihm mit der unbehandschuhten Faust ei- nige blaugrüne Flecken beigebracht hatte, war Magenschwinger-links nicht nur mehr davon fest überzeugt, daß er selbst der weitaus bessere, sondern auch, daß sein Bruder der Magenschwinger-rechts ein richtiger Verbrecher ist“512. Die elaboriertere Literatur präsentiert, wie soeben dargelegt, Boxhelden im Niedergang. Die Figur des Boxers wird aus der kulturellen Gemengelage der Epoche als eine grundsätzlich negativ konnotierte, zuweilen mit erzählerischer Ironie veranschaulichte Grundgestalt herausgelöst. Aktionismus und Attraktion des Boxens tendieren ebenfalls oft ins Negative. Die Athletik als spezifischer Ausdruck des Umgangs mit Körper, Kraft und Konfrontation gerät in den Mit- telpunkt einer ablehnenden Aufmerksamkeit – entwickelt durch diskursive Brü- ckenschläge, welche die Kritik am Boxen erst konturieren: „Wer den Gegnern, wie sie davonhumpelten, noch nachsah, mußte bemerken, daß es nicht darauf ankam, ob einer geschickt oder ein Riese war“513, bemerkt Heinrich Mann in Die große Sache. „Er mochte jede Chance wahrnehmen oder blind und furchtbar 509 Horváth 1988e, S. 46 510 Ebd. 511 Ebd. 512 Ebd., S. 46f 513 Mann 1972, S. 151 235 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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