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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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stehen mehrere boxliterarische Arbeiten, wohl auch angeregt durch Elisabeth Hauptmann und deren Übersetzung eines US-amerikanischen Boxer-Theater- stücks ins Deutsche.6 Um 1929 arbeitet Brecht am Drama Der Brotladen, in dem der Zeitungsjunge Washington Meyer mit den Fäusten um das ihm zuste- hende Geld kämpft; der fragmentarische Charakter des Stücks kündigt zugleich das Ende jener Arbeitsphase an, die von Boxen als Gegenstand der Brechtschen Prosa und Dramatik intensiv geprägt war; als Thema am Rand wird der Stoff den Autor noch länger beschäftigen. Das boxsportliche Milieu entfaltet für Brecht früh Faszinationspotenzial. Er besucht die Großkampftage im Berliner Sportpalast und animiert Schriftstel- lerkollegen zum Besuch von Boxkämpfen7; der Drehbuchautor Emil Burri hat die „große Nummer bei Brecht, weil er im Boxring als Helfer arbeitete, bei Sam- son Körner nämlich, ihm mit Tüchern die Luft zuschwenkte, ihn mit Wasser bespritzte“8. Brechts Begeisterung für den kulturellen Raum des Boxens bleibt öffentlich nicht lange unbemerkt und produziert in rascher Folge wechselnde Kommentare: „Brechts Deutsch ist die Stimme der Zeit, von einer enormen Sachlichkeit und Sinnfälligkeit, von einer wilden, fanatischen Präzision“9, staunt etwa Lion Feuchtwanger in seiner Hommage Bertolt Brecht. „Wie da jedes Wort Muskel und Atem hat, gerad’ aus dem Heut’ herausgesprungen, grad’ aus dem Blut des Dichters erzeugt, kein Wechselbalg aus Mode und Makulatur. Und wie ohne Macherei das alles, wie straff, sehnig, selbstverständlich blühend.“10 Mit wachem Gespür für die Verstärkerwirkung von Zeitung und Radio ist wiede- rum Brecht voll des Lobs für die Figur des Kraftprotzes: „Samson-Körner ist ein großartiger und bedeutsamer Typus. […] Es ist schlechthin unnachahmlich, wie Samson-Körner beispielsweise eine einfache Fahrkarte in seiner Tasche ver- staut. Darum ist er auch ein ganz beträchtlicher Filmschauspieler.“11 Brechts Umgang mit Boxsportlern, schwärmt George Grosz in Ein kleines JA und ein großes NEIN, „erfrischte ihn und gab seinen Gedanken oft eine unliterarische Originalität“12. Den angedeuteten Verabsolutierungstendenzen des Boxens in Brechts Biografie und der damit einhergehenden „Textstrategie“13 sollte indes durchweg mit Misstrauen begegnet werden: Brechts Boxbegeisterung ist immer 6 Vgl. Berg 1993, S. 23; Mittenzwei 1987a, S. 235 7 Vgl. Extra 2006, S. 194; Fleißer 1989b, S. 479; Kohtes 1999, S. 66 8 Fleißer 1989b, S. 479; Emil Burri [früher Emil Hesse] (1902–1966), deutscher Schriftsteller, vgl. dazu Berg 1995, S. 139; Kohtes 1999, S. 64; Müller 1980, S. 75ff 9 Feuchtwanger 1980, S. 425 10 Klemm 1998 11 Guillemin 1975, S. 190 12 Grosz 2009, S. 228 13 Todorow 2003, S. 303 238 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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