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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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zum Faustsport finden sich im Mann ohne Eigenschaften indes nur an einer ein- zigen Textstelle erwähnt. „Es bewegten so viele Dinge die Menschheit“2, wird der Boxsportboom im Roman reflektorisch erfasst. „Ein Negerboxer hatte den weißen Champion geschlagen und die Weltmeisterschaft erobert; Johnson hieß er.“3 Musil spielt auf ein Boxsportduell an, das die Aufmerksamkeit der Zeitge- nossen erregt. Ende Dezember 1908 schlägt der ehemalige Baumwollpflücker Jack Johnson in Sydney auf den Titelträger Tommy Burns mit solcher Wucht ein, dass der Kampf von der Polizei vorzeitig in der 14. Runde abgebrochen wird.4 Johnson erobert als erster Afroamerikaner den Weltmeistertitel; für die nationalistische Presse bricht der „Untergang der weißen Rasse“5 an. Abgesehen davon nähert sich Musil dem Boxen jedoch kaum je als Arrangeur des Doku- mentarischen; er platziert den Sport gleichsam im Spiegelkabinett des Denkens. Bereits in Heft 29 seiner Aufzeichnungen, in der Zeit zwischen Juli und August 1914, notiert der Autor: Und es sind alle wichtigen Dinge des Lebens, alle umschlagenden Entscheidungen zum Teil Illusionen. Fürchtet sich einer in einer dunklen Gasse vor einem Mann, der ihm begegnet, so wächst der ins Unheimliche (buchstäblich), die physischen Veränderungen, die sich an einem Gesicht vollziehen, das man zu lieben beginnt, sind bekannt, ein Stoß beim Boxen […] kündigt sich schon voraus an, dadurch, daß vor dem Weg den man einschlägt alle Widerstände zur Seite zu treten schei- einen vergessen lassen, dass [sic] Boxen Sport ist und ,the noble art of selfdefence‘“ (vgl. Musil 2009, Lesetexte, Band 15, Fragmente aus dem Nachlass, Nachgelassene Glossen, Die Kölni- sche Schule). Musils Abschrift ist mit minimalen Änderungen der Zeichensetzung und Na- mensschreibung versehen (Musil schreibt etwa „die kölnischen Maler“; Domgörgen „die Kölner Maler“, vgl. Domgörgen 1997, S. 39); geringe Abweichungen sind feststellbar: Nach „Ludwig Neeke“ zieht Musil nach einer längeren Auslassung eine Passage vor, die in Domgörgens Text gegen Ende steht: „Das große heilige Köln gab Deutschland 1931 drei Meister – Metzner, der ja Doppelmeister ist, und Dübbers – und Europa zwei, den Müller und mich.“ (Domgörgen 1997, S. 42) Nach „beigebracht wird“ findet sich eine Auslassung, wobei die Musil-Abschrift auf Ellipsenzeichen verzichtet; nach „siegen konnte“ ist die Weglassung korrekt vermerkt, vgl. Domgörgen 1997, S. 41 2 Musil 1989a, S. 359 3 Ebd.; dass Musils Befassung mit Boxen literaturwissenschaftlich wenig erforscht ist, mag man auch in der Tatsache erkennen, dass die auf Vollständigkeit bedacht digitale Klagenfurter Mu- sil-Ausgabe den Namen des Boxers Johnson nicht in ihrem Personenregister führt; im Gegen- zug werden die Namen der deutschen Boxer Fritz Ensel und Ludwig Neeke ins Register aufge- nommen, die Musil in seinen Schriften am Rande erwähnt – einer der berühmtesten Athleten der Boxhistorie erhält keinen Eintrag, dafür zwei nahezu vergessene Boxer aus der deutschen Provinz, vgl. Musil 2009, Kommentare & Apparate, Register, Personen 4 Vgl. Meinhardt 1996, S. 116; Wondratschek 2005a, S. 43 5 Kohtes 1999, S. 49 305 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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