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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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aus der Tatsache, daß es Sportminister gibt, daß Sportsleute geadelt werden, daß sie die Ehrenlegion bekommen, daß sie immerzu in den Zeitungen genannt wer- den, und aus der Grundtatsache, daß alle am Sport Beteiligten, mit Ausnahme von ganz wenigen, für ihre Person keinen Sport ausüben, ja ihn möglicherweise sogar verabscheuen.167 „Man fühlt ein Vakuum, in das sich der Sport stürzt“168, polemisiert der Schrifsteller gegen den massenmedial aufbereiteten Wortschwall vom Sport und gegen dessen inszenatorische Umsetzung in Arenen und Stadien: „Man weiß eigentlich nicht recht, was sich da stürzt, aber alle reden davon, und so wird es wohl etwas sein: so ist immer das zur Macht gekommen, was man ein hohes Gut nennt.“169 Den durch Sport ausgelösten Begeisterungstaumel kleidet Mu- sil in bissige Kritik und kritische Bestandsaufnahme. Im Naherholungsgebiet fordere der Bau eines olympischen Stadions die „letzten Reste des Praters“170, konstatiert Musil in Als Papa Tennis lernte. Der Triumph des Bewegungskul- turellen über das naturgegebene Environment ist nicht revidierbar, auch dann nicht, wenn der „letzte Baum des Wiener Praters Mitglied eines Sportvereins sein wird“171. Musils Bemerkung im Mann ohne Eigenschaften, wonach morgens viele „Fäuste gegen einen Boxball prasseln“172, ehe die Menschen ins Büro gin- gen, lässt sich ebenfalls als konkreter Kommentar zum Sportboom lesen; durch das Boxballprasseln würden nur „sinnlose Erwartungen“173 geschürt, denn „nie- mals kommen die Abenteuer, die einer solchen Vorbereitung würdig wären“174. Dass Sport „menschlich erziehe“175 und, wie allenthalben behauptet, „allerhand hohe Tugenden“176 fördere, ist für Musil der letztlich schlagende Ausdruck einer gigantisch-grotesken Apotheose des Zuschauersports, dem der Autor „keinerlei positive Werte“177 abgewinnt. „Das individuelle, beglückende Bewe- gungserlebnis wird von Musil scharf dem Spezialistentum des Zuschauer- und National prestigesports gegenübergestellt.“178 Die öffentlich zelebrierte Geistlo- 167 Musil 1978h, S. 691 (Hervorh. im Orig.) 168 Ebd. 169 Ebd. 170 Ebd., S. 687 171 Ebd., S. 690 172 Musil 1989a, S. 46 173 Ebd. 174 Ebd. 175 Musil 1978g, S. 698 176 Ebd. 177 Baur 1976, S. 146 178 Ebd., S. 145 325 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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