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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Der Blick, lange Zeit gebannt von klassizistischen Körperharmoniemodellen und Emil du Bois-Reymonds Versuch, den menschlichen Muskel als thermo- dynamische Kraftmaschine darzustellen, dessen Pflege geradezu heilige körper- kulturelle Pflicht sei434, dringt im psychotechnischen Denken der 1920er-Jahre unter die Oberfläche: in die Schichtungen des Haut- und Muskelgewebes, in die Tiefenebenen der neuronalen Verknüpfungen. Das „sezierende Auseinander- nehmen“435 des Leibes wird von der „Gesamtschau des Körpers“436 abgelöst. An die Stelle der zergliedernden Physis-Durchdringung tritt das Examinieren jenes psychotechnischen Zusammenspiels, das seine erkenntnistheoretischen Flucht- punkte oberhalb des rein Körperlichen ansetzt: Der „Monsieur le vivisecteur“437 aus Musils Tagebüchern, die der Autor um die Jahrhundertwende zu führen be- ginnt, träumt davon, „seinen eigenen Organismus“438 – verstanden als das grö- ßere Ganze und seine Teile, die zusammenwirken – „unter das Mikroskop“439 zu bringen. Die „Anforderungen von Innenleben und Außenwelt“440 werden „neu austariert“441; dem „scheinbar Einfachen seine wirkliche Komplexität“442 wie- dergegeben. Im mutmaßlich simplen Sinnangebot des Boxens überlagern sich durchaus hohe Komplexität mit den Applikationen modernen Lebens. Möglichkeiten subjektiven Erlebens: Psychotechniker Musil Marieluise Fleißer nähert sich 1929 in ihrem Essay Sportgeist und Zeitkunst gleichermaßen von der, so Foucaults paradoxe Formulierung aus Die Geburt der Klinik, „inneren Oberfläche“443 des Körperlichen der Idee des psychotechnisch verdichteten Leistungsvermögens, das im Sportler sein „Erfolgsmodell“444 ge- funden hat: Doch ist bei erreichter Höchstform der Wille nicht die allein bewirkende Kraft, die die Ausnahmeleistung vollbringt. Den Körper, der das Äußerste aus sich her- seien, vgl. ebd., S. 22 (Hervorh. im Orig.) 434 Vgl. Sarasin 1998, S. 447f, Wedemeyer-Kolwe 2004, S. 380, u. Alkemeyer 2009, S. 54 435 Roth 1972, S. 67 436 Hoffmann 1997, S. 38 437 Musil 1976a, S. 2 438 Ebd., S. 3 439 Musil 1976a, S. 3 440 Fleig 2008, S. 63 441 Ebd. 442 Sloterdijk 1983, S. 862 443 Foucault 1988, S. 16 444 Alkemeyer 2009, S. 55 356 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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