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Radetzkymarsch
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6Kapitel Seit drei Jahren war der Regimentsarzt Max Demant beim Regiment. Er wohnte außerhalb der Stadt, an ihrem Südrande, dort, wo die Landstraße zu den beiden Friedhöfen führte, zum »alten« und zum »neuen«. Beide Friedhofswächter kannten den Doktor gut. Er kam ein paarmal in der Woche die Toten besuchen, die längst verschollenen wie die noch nicht vergessenen Toten. Und er verweilte manchmal lange zwischen ihren Gräbern, und man hörte hier und da seinen Säbel mit zartem Klirren gegen einen Grabstein anschlagen. Er war ohne Zweifel ein sonderbarer Mann; ein guter Arzt, sagte man, und also unter Militärärzten in jeder Beziehung eine Seltenheit. Er mied jeglichen Verkehr. Nur dienstliche Pflicht gebot ihm, hie und da (aber immer noch häufiger, als er gewünscht hätte) unter Kameraden zu erscheinen. Seinem Alter wie seiner Dienstzeit nach hätte er Stabsarzt sein müssen. Niemand wußte, warum er es noch nicht war. Vielleicht wußte er selbst es nicht. »Es gibt Karrieren mit Widerhaken.« Es war ein Wort von Rittmeister Taittinger, der das Regiment auch mit trefflichen Sprüchen versorgte. »Karriere mit Widerhaken«, dachte der Doktor selber oft. »Leben mit Widerhaken«, sagte er zu Leutnant Trotta. »Ich habe ein Leben mit Widerhaken. Wenn mir das Schicksal günstig gewesen wäre, hätte ich Assistent des großen Wiener Chirurgen und wahrscheinlich Professor werden können.« – In die düstere Enge seiner Kindheit hatte der große Name des Wiener Chirurgen frühen Glanz geschickt. Max Demant war schon als Knabe entschlossen gewesen, später Arzt zu werden. Er stammte aus einem der östlichen Grenzdörfer der Monarchie. Sein Großvater war ein frommer jüdischer Schankwirt gewesen, und sein Vater, nach zwölfjähriger Dienstzeit bei der Landwehr, mittlerer Beamter im Postamt des nächstgelegenen Grenzstädtchens geworden. Er erinnerte sich noch deutlich seines Großvaters. Vor dem großen Torbogen der Grenzschenke saß er zu jeder Stunde des Tages. Sein mächtiger Bart aus gekräuseltem Silber verhüllte seine Brust und reichte bis zu den Knien. Um ihn schwebte der Geruch von Dünger und Milch und Pferden und Heu. Vor seiner Schenke saß er, ein alter König unter den Schankwirten. Wenn die Bauern, vom allwöchentlichen Schweinemarkt heimkehrend, vor der Schenke anhielten, erhob sich der Alte, gewaltig wie ein Berg in menschlicher Gestalt. Da er schon schwerhörig war, mußten die kleinen Bauern ihre Wünsche zu ihm emporschreien, durch die gehöhlten 69
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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