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Radetzkymarsch
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2Kapitel Nein, der Bezirkshauptmann hatte noch nicht alles Bittere gekostet! Carl Joseph erhielt den Brief seines Vaters zu spät, das heißt zu einer Zeit, in der er längst beschlossen hatte, keine Briefe mehr zu öffnen und keine zu schreiben. Was Frau von Taußig betraf, so telegraphierte sie. Wie flinke, kleine Schwalben kamen jede zweite Woche ihre Telegramme, ihn zu rufen. Und Carl Joseph stürzte zum Kleiderschrank, holte den grauen Zivilanzug hervor, seine bessere, wichtigere und geheime Existenz, und zog sich um. Sofort fühlte er sich heimisch in der Welt, in die er sich begeben sollte, er vergaß sein militärisches Leben. An Stelle Hauptmann Wagners war Hauptmann Jedlicek von den Einser- Jägern zum Bataillon gekommen, ein »guter Kerl« von enormen körperlichen Ausmaßen, breit, heiter und sanft wie jeder Riese und jeder guten Zurede offen. Welch ein Mann! Gleich als er ankam, wußten alle, daß er diesem Sumpf gewachsen war und daß er stärker war als die Grenze. Man konnte sich auf ihn verlassen! Er verstieß gegen alle militärischen Gebote, aber es war, als ob er sie umstieße! Er hätte ein neues Dienstreglement erfinden und einführen und durchsetzen können: So sah er aus! Er brauchte viel Geld, aber es strömte ihm auch von allen Seiten zu. Die Kameraden borgten ihm, unterschrieben Wechsel für ihn, versetzten für ihn ihre Ringe und ihre Uhren, schrieben an ihre Väter für ihn und an ihre Tanten. Nicht, daß man ihn geradezu geliebt hätte! Denn die Liebe hätte sie ihm nahegebracht, und er schien nicht zu wünschen, daß man ihm nahekomme. Aber es wäre auch schon aus körperlichen Gründen nicht leicht gewesen; seine Größe, seine Breite, seine Wucht wehrten alle ab, und es fiel ihm also nicht schwer, gutmütig zu sein. »Fahr du nur ruhig!« sagte er zum Leutnant Trotta. »Ich übernehme die Verantwortung!« Er übernahm die Verantwortung, und er konnte sie auch tragen. Und er benötigte jede Woche Geld. Leutnant Trotta bekam es von Kapturak. Er brauchte selbst Geld, der Leutnant Trotta. Es erschien ihm jämmerlich, ohne Geld bei Frau von Taußig anzukommen. Wehrlos hätte er sich da in ein bewaffnetes Lager begeben. Welch ein Leichtsinn! – Und er steigerte allmählich seine Bedürfnisse, und er erhöhte die Summen, die er mitnahm, und er kam dennoch von jedem Ausflug mit der allerletzten Krone zurück, und er beschloß immer wieder, das nächstemal mehr mitzunehmen. Manchmal versuchte er, sich Rechenschaft über das verlorene Geld zu geben. Aber es gelang ihm niemals, sich an die einzelnen Ausgaben zu erinnern, und oft kamen auch einfache Additionen nicht mehr zustande. Er konnte nicht rechnen. Seine kleinen Notizbücher hätten von 219
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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