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Epochenbild 613
Disputationen
Reformen
denen das in der Vorlesung Gelernte durch Disputationen im kleinen Kreis vertieft
wurde.
Die Studenten stellten als Verteidiger (defendentes) oder als Gegner der von ih-
ren Professoren aufgestellten Thesen (opponentes) bei den wöchentlichen sowie bei
den feierlicheren vierteljährlichen Disputationen ihr Können unter Beweis. Als
Auszeichnung für gute Studenten wurde die Erlaubnis zu außerordentlichen Dis-
putationen vor der Fakultät bzw. vor der ganzen Universität vergeben. Besonders
Letztere waren ein hoch angesehener öffentlicher Akt, der mit großer Pracht insze-
niert wurde und mit hohen Kosten verbunden war. Als opponentes fungierten dabei
Professoren, manchmal auch die als Patrone der Disputation auftretende Notabeln.
Disputiert wurde über Thesen, welche im Voraus gedruckt vorgelegt wurden, oft
eingebettet in aufwendige Kupferstiche (vgl. Abb. 94), manchmal auch über den
Inhalt ganzer Dissertationen, die meistens von Professoren, seltener von den de-
fendentes selbst verfasst und auf Kosten der Kandidaten oder ihrer Schutzpatrone
gedruckt wurden. Der größte Teil der Schriften, die mit der Universität zusammen-
hängen, wurde im Kontext feierlicher Disputationen veröffentlicht.
Seit den 30er-Jahren des 18. Jhs. ermöglichte der erstarkende Wiener Absolu-
tismus eine Reihe von Reformen im Innsbrucker Universitätsbetrieb. Die Einmi-
schung der Hofbehörden durch die Kommissäre Rudolf Graf von Chotek, Franz
Anton von Bourguignon und Karl Anton von Martini gipfelte schließlich in der
Einrichtung der Hof-Studien-Kommission, die für alle Universitäten in den habs-
burgischen Erblanden zuständig war, durch Kaiserin Maria Theresia im Jahr 1760.
Die von frühaufklärerischem Impetus getragene Kritik am als veraltet angesehenen
Studium betraf sowohl Inhalte als auch Lehrmethoden. Im Allgemeinen beklagte
man die Praxisferne des Studiums, im Besonderen die weltfremden Subtilitäten, auf
die Studenten im philosophischen und theologischen Studium viel zu viel Zeit ver-
schwendeten, und die überproportionale Bedeutung des Kirchenrechts innerhalb
des juridischen Studiums. Der philosophische Kurs sollte deshalb auf zwei Jahre ge-
kürzt, das Diktieren an allen Fakultäten durch verbindliche, staatlich genehmigte,
aufgeklärte Lehrbücher ersetzt und mehr Gewicht auf Experimente und praktische
Anwendungen gelegt werden. Die Reformer setzten gegen den zähen Widerstand
der Universität im Laufe der Zeit tatsächlich große Veränderungen im Fächerkanon
durch, die darauf abzielten, durch eine bessere, praxisnähere und wissenschaftlich
fundiertere Ausbildung der künftigen Ärzte, Priester und Beamten mehr Nutzen
für die Allgemeinheit zu erzielen. Unter anderem wurden die bisher gelehrten phi-
losophischen Disziplinen tatsächlich auf zwei Jahre gekürzt, wobei die Dauer des
Philosophiestudiums allerdings nach wie vor drei Jahre betrug, da neue, als nütz-
lich erachtete Fächer eingeführt wurden : Geschichte, Geschichte der Gelehrsam-
keit, Eloquenz, Griechisch (wichtig für ein besseres Verständnis der Autoritäten
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322