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616 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Rovereto
Dodonei
Agiati (1706–1773) und Casimir Grustner (1690–1754) sowie Baron Josef von Sperges
(1726–1791). Aber auch viele angesehene Gelehrte, staatliche und kirchliche Wür-
denträger, die sich auf der Durchreise befanden, wurden zu den Versammlungen
eingeladen und als Ehrenmitglieder aufgenommen. Die Zahl der aktiven Mitglie-
der, die regelmäßig an Akademiesitzungen teilnahmen, blieb jedoch bis zur Auflö-
sung der Taxiana im Jahr 1756 klein. Ungefähr die Hälfte aller Vorträge stammte
von Roschmann, aber auch Riegger, Recordin und Kemter steuerten interessante
Abhandlungen bei.
Während Innsbruck seine Stellung als kultureller Mittelpunkt Tirols auch in
dieser Epoche behauptete, entwickelte sich im Süden Rovereto zur ökonomisch,
aber auch kulturell zweitwichtigsten Stadt des Landes und zu einem bedeutenden
Zentrum der Frühaufklärung. Das durch Seidenproduktion wohlhabend gewor-
dene und daher selbstbewusste Bürgertum war für die neuen Ideen und kulturellen
Phänomene, die aus den Städten Italiens kamen, sehr empfänglich, was sich nicht
zuletzt auch in der Gründung von Akademien widerspiegelt.
Die erste Roveretaner Akademie, die Accademia dei Dodonei, wurde von Giro-
lamo Tartarotti (1706–1761), dem wahrscheinlich wichtigsten Tiroler Intellektu-
ellen dieser Zeit, schon im Jahr 1728 gegründet. Der in erster Linie vom italieni-
schen Aufklärer Lodovico Antonio Muratori (1672–1750) beeinflusste Tartarotti
engagierte sich auf dem Gebiet der Geschichte, besonders der kritischen Kirchen-
geschichte, der Philosophie und der Literatur. Größere Bekanntheit erlangte er als
Kritiker der immer noch stattfindenden Hexenprozesse. Da er in den ersten fünf-
zehn Jahren nach der Gründung der Dodonei ein bewegtes Leben führte und selten
in Rovereto war, konnte sich die Akademie ohne ihren spiritus rector auf Dauer
nicht halten.
Mehr Erfolg war der zweiten Roveretaner Gründung beschieden, der sich, mit
Ausnahme Tartarottis, auch die wenigen übrig gebliebenen Dodonei anschließen
sollten. Die heute noch bestehende Accademia degli Agiati, gegründet Ende 1750,
entstand aus dem gelehrten Konversationskreis um Giuseppe Valeriano Vannetti
(1719–1764), dessen künftige Frau Bianca Laura Saibante (1723–1797) und ihren
Bruder Francesco Antonio Saibante (1731–1796). Letztere waren als Zöglinge Tar-
tarottis von jungen Jahren an von seinen Ideen geprägt. Das ursprüngliche Ziel der
Akademie war die Pflege von Sprache und Literatur, sie wandte sich jedoch bald
verstärkt auch den Wissenschaften zu. Die Mitgliederzahl wuchs durch gebildete
Roveretaner, aber auch durch zahlreiche auswärtige Wissenschaftler und Schrift-
steller, wie Anton Roschmann oder Carlo Goldoni, und schon 1753 erlangte die
Akademie die Anerkennung und Protektion durch Kaiserin Maria Theresia. Im Un-
terschied zur Taxiana mit ihren meist lat. Vorträgen und Schriften verwendeten die
Agiati von Anfang an überwiegend Italienisch. Auf Lat. wurden kaum Abhandlun-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322