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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Seite - 652 -
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652 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Stainer, Fasciculus myrrhae Text als Medita tionshilfe Geißelung fühlenden Nachvollzug von Heilsgeschehen und Glaubenswahrheit anleiten möch- ten (Dinzelbacher 1999). An diese Tradition der Meditationsliteratur knüpfen zwei Werke an, die beide 1722 in Innsbruck gedruckt wurden, aber recht verschiedene Wege gehen. Der dem Brixner Fürstbischof Künigl (vgl. Abb. 105) gewidmete, 1746 in zweiter Auflage erschienene Fasciculus myrrhae („Myrrhenbüschel“, nach der typologisch auf Christus bezogenen Bibelstelle HL 1,13) eines Johannes Stainer29 wählt als Meditati- onsgegenstand die in diesem Zusammenhang auch sonst beliebte Passion. Er behan- delt in insgesamt sieben Gedichten die als die fünf Schmerzensgeheimnisse bekann- ten Kreuzwegstationen Ölberg, Geißelung, Dornenkrönung, Tragen des Kreuzes und Kreuzigung, denen er das Abendmahl voranstellt und eine Marienklage folgen lässt. Die Metrik ist akzentuierend : Die ersten sechs Gedichte stehen in acht Verse umfas- senden Strophen, in denen sich akatalektische und katalektische jambische Dimeter abwechseln, die Marienklage hat etwas längere und komplexere Strophen. Alle Ge- dichte sind gereimt, meist nach dem Schema ababcdcd. Der Band ist zweisprachig (vgl. oben zu Wopfners Hymnus), wobei lat. und deutscher Text, die sich jeweils auf einer Doppelseite gegenüberstehen, sich zueinander recht frei verhalten. Die Kreuz- wegstationen und die Klage sind jeweils mit einem Kupferstich illustriert. Schon das Widmungsschreiben an Künigl nennt das Werk ad meditandum concinnatum (Bl. [2]v ; „zum Meditieren zusammengestellt“). Das Vorwort an den Leser erläutert in diesem Sinne seine Struktur – das Abendmahl dient sozu- sagen zur Stärkung vor dem bitteren Kreuzweg, die abschließende Marienklage stellt dem Leser eine Gefährtin zur Seite, mit der er mittrauern kann –, weist auf die Bedeutung kursiv gesetzter Passagen als materia meditanda, d.h. als separat zu wiederholende Leitsätze, hin und schließt mit der Aufforderung : Tolle ! Lege ! Meditare ! Illachrymare ! (in der deutschen Version : „Betrachte ! Traure ! Liebe ! Übe !“). Im Endeffekt soll der Leser über den mitleidenden Nachvollzug der Pas- sion zur Reue über seine Sünden und zu einer wahrhaft christlichen Haltung geführt werden. Die Gedichte selbst setzen dies in der Regel so um, dass auf eine kurze, bereits subjektiv gefärbte und emotionale Erzählung des Passionsgesche- hens ein Teil folgt, in dem der Sprecher seine Reaktion schildert oder dem Leser erklärt, wie dieser zu reagieren hat. Als Beispiel für dieses Vorgehen sei kurz die Geißelung analysiert (vgl. Abb.  106) : Str.  1–4 schildern das Geschehen, wobei schon der Beginn sich um Visualisierung bemüht : Quem video ! Conspicio ! / Columnae alligatum („Was sih’ ich da ! Sag wer ist Der ? / Der an die Saul gebunden“) – der Leser sieht hierbei 29 Zitiert wird nach der zweiten Auflage. Der Autor könnte identisch sein mit einem aus Ehrenburg stammenden Innsbrucker Theologiestudenten des Jahres 1715/16 (Kollmann 1972, Nr. 2110).
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
2
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
728
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
  2. Dichtung (Martin Korenjak) 620
  3. Theater (Stefan Tilg) 660
  4. Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
  5. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
  6. Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
  7. Brief (Wolfgang Kofler) 788
  8. Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
  9. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
  10. Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
  11. Medizin (Lukas Oberrauch) 862
  12. Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
  13. Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
  14. Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
  15. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
  16. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
  17. Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
  18. Brief (Wolfgang Kofler) 989
  19. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
  20. Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
  21. Medizin (Lav Šubarić) 1046
  22. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
  23. Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
  24. Dichtung (Stefan Tilg) 1079
  25. Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
  26. Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
  27. Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
  28. Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
  29. Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
  30. Index nominum (Johanna Luggin) 1271
  31. Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
  32. Index rerum (Johanna Luggin) 1310
  33. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322
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