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662 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
neue Tendenzen
Innsbruck,
Hall, Trient 1757 und 1758 : Constantini hostia, Hs : SEM, F 15, Perioche und Musiktext : TLMF, Dip.
691/4 ; 1761 : Innocentia coronata in Basilio et Constantino, Hs. und Perioche : SEM, F 19.
Es herrscht weitgehend die Ansicht, dass das Jesuitendrama um die Mitte des
17. Jhs. seine mit der Gegenreformation zusammenhängende Blütezeit überschritt
und danach bloß der äußeren Form nach und mehr schlecht als recht fortgeführt
wurde. Dass das so nicht richtig ist, kann u.a. das Tiroler Beispiel zeigen. Das Je-
suitendrama dieser Epoche schließt einerseits an die bis dahin ausgebildeten Stoffe,
Motive und Techniken an, fügt dem Repertoire aber andererseits auch eine Reihe
von Neuerungen hinzu und passt sich – wie stets in seiner Geschichte – den wech-
selnden Zeitumständen an. Es ist für die fragliche Zeit empfehlenswert, zwei Kate-
gorien von Jesuitenspielen zu trennen, weil sie dramaturgisch in ganz verschiedene
Richtungen gehen. Zum einen blühen bis zum Ende der Epoche die um die Mitte
des 17. Jhs. erfundenen sogenannten „Meditationsspiele“, die mit minimaler dra-
matischer Aktion arbeiten und ganz dem erbaulichen Zweck dienen. Zum anderen
gibt es nach wie vor die großen Aufführungen zum Ende des Schuljahres und zu
festlichen Anlässen. Diese sind inhaltlich von einer gewissen Verweltlichung und
Verbürgerlichung geprägt. Formal nähern sie sich teils den nationalsprachlichen
Vorbildern des französischen Klassizismus an. Diese beiden grundsätzlichen Rich-
tungen tragen damit zwei gegenläufigen Tendenzen der Epoche Rechnung, das
Meditationsdrama schwärmerischer religiöser Begeisterung, das Schulschluss- und
Festdrama der Aufklärung. Im Gegensatz zum allgemeinen Bild der Forschung vom
späten Jesuitendrama als dekadenter und gesellschaftlich irrelevanter Erscheinung
überrascht der große Erfolg, der sich zumindest für den Innsbrucker und mit Ab-
strichen für den Haller Spielbetrieb des 18. Jhs. nachweisen lässt.
Vergleicht man die drei Tiroler Spielorte, so zeigt sich, dass die Entwicklung in
Innsbruck wesentlich profilierter als in Hall und Trient ist (dieser Eindruck mag teils
auch an mangelnden Studien zu letzteren Spielstätten liegen).1 Neue Tendenzen,
die sich in Innsbruck klar zeigen, schlagen sich in den anderen Orten nur teilweise
oder in schwachen Andeutungen nieder. Das Haller und Trientner Jesuitendrama
verbleibt eher in den gewohnten Bahnen des aus dem frühen 17. Jh. bekannten
Jesuitendramas, ohne gleichzeitig bedeutende lokalspezifische Eigenheiten auszubil-
den. Dies und die bessere Erschlossenheit des Innsbrucker Spielbetriebs bringen es
mit sich, dass der vorliegende Beitrag vom Beispiel Innsbruck ausgeht und Hall und
1 Zu Innsbruck und Hall vgl. besonders Zwanowetz 1981 (Hall wird allerdings viel kürzer behan-
delt) ; zu Trient Emmert 1913 (ausführliche Periochentitel von 46 Stücken) ; De Finis 1983–1984,
29–35 (allgemeine Notizen zum Jesuitendrama in Trient), 152–155 (Liste der Spielbelege). Eine
einigermaßen detaillierte Geschichte des Jesuitendramas in Trient ist ein Desiderat.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322