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Theater 665
zwei Beispiele
Meditatio aus
Trient
1986, 116–119), die den religiösen Enthusiasmus vorantrieb und den marianischen
Kongregationen regen Zulauf garantierte.
Zwei Beispiele sollen eine Ahnung vom Wesen und von den Möglichkeiten die-
ser Meditationsspiele geben : zum einen ein Trientner Drama, das sich begrifflich
stark an die Exerzitien des Ignatius bzw. an eine erweiterte Edition davon anlehnt
– hierzu wird noch eine Innsbrucker Perioche mit der nämlichen Charakteristik
gestellt ; zum andern ein ‚scholastisches‘ Drama der Innsbrucker marianischen Kon-
gregation. Ein weiteres, allerdings nicht-jesuitisches Meditationsspiel wird anläss-
lich der Besprechung von Joseph Reschs Brixner Dramen vorgestellt.
Aus Trient ist uns hs. eine anonyme Meditatio de gratia salutis recuperandae accu-
sata („Meditation über die Gnade, die der Wiedergewinnung des Heils angeklagt
wurde“ ; BCT, ms. 1719) erhalten. Der Titel dieses wahrscheinlich in der zweiten
Hälfte des 17. Jhs. entstandenen Stücks beginnt in seiner vollständigen Form mit
Meditatio secunda […], es ist deshalb entweder mit einer verlorenen ersten Me-
ditation oder, was wahrscheinlicher ist, mit der Übernahme der Nummerierung
einer bestimmten Quelle (s.u.) zu rechnen. Einer ungewöhnlich detaillierten Be-
schreibung der Bühne und der Requisiten folgt eine parabola („Gleichnis“), die den
Inhalt des Stücks angibt : Es handelt sich um eine Variation auf die Geschichte vom
reichen Mann und vom armen Lazarus (Lk 16,19–31). Diese Geschichte kommt
bei Ignatius nicht vor, wohl aber in dem exegetischen Apparat, den der Jesuit Jo-
seph (auch : Ignatius) Diertins (1626–1700) seiner beliebten Edition der Geistli-
chen Übungen beigegeben hat.6 In diesem Apparat finden sich u.a. Vorschläge für
biblische Stoffe, über die man in den verschiedenen Übungswochen meditieren
kann. Für die erste Woche findet sich unter der Überschrift De poenis peccatorum
in lege gratiae („Über die Strafen derjenigen, die sich gegen das Gesetz der Gnade
versündigt haben“) als zweiter Punkt einer Auflistung (secundo) das Exempel aus Lk
16 (Bd. 1, 240). Dieses kehrt nochmals wieder in der dritten Appendix, die breiter
ausgeführte Meditationsbeispiele gibt. Hier finden wir die Geschichte vom reichen
Schlemmer als 29. meditatio der ersten Woche (Bd. 2, 166–168). Der Gedanke liegt
nahe, dass der Trientner Autor die Ausgabe von Diertins (oder eine ähnliche Kom-
mentartradition) benutzt und die Bezeichnung meditatio auf das zweite Beispiel
zur Sünde gegen die Gnade übertragen hat. In diesen Bereich fällt ja auch der Titel
unserer Meditation. Neben diesen Referenzen auf die Ignatius-Exegese gibt es aber
auch Bezugnahmen auf die Terminologie der Geistlichen Übungen selbst. So wird
das Spiel mit einem praeludium musicum („musikalisches Vorspiel“) eingeleitet, was
6 Die früheste für diese Darstellung festgestellte Ausgabe ist die zweite von 1691. Textgrundlage ist
die sechste von 1838 : Exercitia spiritualia S. P. Ignatii Loyolae cum sensu eorumdem explanato et
directorium, additis tribus appendicibus auctore P. Ignatio Diertins S. I., 2 Bde., Turin.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322