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696 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
bürgerliche
Gelehrsamkeit der höchstwahrscheinlich nie aufgeführten Komödie sind tatsächlich nicht von der
Hand zu weisen. Beachtung verdient sie dennoch. Auf einer ersten Ebene ist sie als
sprachlich-stilistisches Experiment in Vannettis literarischer Entwicklung zu sehen.
Der philologische Zugriff macht sich v.a. in den gelehrten Apparaten bemerkbar.
Vor dem Spieltext stehen ein kurzes argumentum („Inhaltsangabe“), eine Reihe von
grundsätzlichen dramaturgischen admonitiones („Hinweise“), eine minutiöse Cha-
rakterisierung der auftretenden Personen (Namen, Äußeres, Kleidung, Charakter)
und eine Erörterung zur Prosaform (s.u.). Auf S. 7 findet sich auch eine Skizze des
Bühnenbildes (vgl. Abb. 115) – Vannetti war ein talentierter Zeichner und Maler
und ging diesem Hobby sein Leben lang nach. Im Spieltext selbst stehen teilweise
Fußnoten mit kurzen Erklärungen und Zitatnachweisen. Der Anhang enthält einen
umfangreichen Index verborum veterum (153–188 ; „Index alter Wörter“), in dem
u.a. 26 je nach Kontext schattierte Anwendungen der Interjektion hem („sieh“, „ei“,
„o“, „ach“ u.Ä.) unterschieden werden, sowie weitere Indizes zu zitierten Autoren
und Komödien des Plautus und Terenz (189–192). Eine ausführliche Inhaltsangabe
(192–199), ein Verzeichnis der Sentenzen (199–209) und ein „Zusatz“ (209–210 ;
Epitheca) mit alternativen, nicht auf das Vorbild der römischen Komiker zurückge-
henden Personennamen schließen die reichhaltige Hs. ab.
Neben der für einen 14-Jährigen ganz außerordentlichen sprachlich-philolo-
gischen Leistung ist die Lampadaria auch ein beredtes Zeugnis der letzten großen
Phase lat. Literatur in Tirol. Bis zu Vannetti war das Tiroler Drama fest in der Hand
religiöser Institutionen. Die letzten größeren Dramen, die sich an Plautus und Terenz
anschließen, stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jhs., der Frühzeit des Jesuiten-
theaters, in der man nicht zuletzt mangels eigener Spieltradition noch an Muster des
Renaissancehumanismus anknüpfte. Vannettis Rückgriff auf die römischen Komiker
im 18. Jh. steht unter den Vorzeichen eines neuen Humanismus bürgerlicher Pri-
vatgelehrsamkeit, der sich intensiv mit den Klassikern auseinandersetzte und dessen
bedeutendstes Forum die gelehrten Akademien waren. Die für das späte 18. Jh. wich-
tigste Tiroler Akademie dieser Art, die Accademia degli Agiati, wurde von Vannettis
literaturbeflissenen Eltern gegründet und befand sich in seiner Heimatstadt Rove-
reto. Vannetti wurde dort im Alter von 17 Jahren als Mitglied aufgenommen. Die
Lampadaria ist die ‚klassischste‘ erhaltene Komödie der Tiroler Literatur, sofern man
darunter den Anschluss an das altrömische Modell versteht. Dieser wurde zweifellos
durch die neue Gelehrtenkultur in Rovereto begünstigt, in der die lat. Literatur eine
führende Rolle innehatte und in deren bürgerlichem Milieu die bürgerlichen Typen
und Fabeln der römischen Komödie einen besonderen Reiz entfalteten.
Prolog der Providentia : Providentia stellt sich als heilsame Macht in allen Bereichen des
menschlichen Lebens vor. Sie erzählt die Fabel bis zur Intrige von Trachalio und Clitopho,
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322