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Geschichtsschreibung 743
Tendenzen in
Tirol
Roschmann
des bedeutenden katholischen Frühaufklärers Lodovico Antonio Muratori (vgl.
Zlabinger 1970).
Im Laufe der 1720er-Jahre wurden diese Entwicklungen auch in Tirol wahrge-
nommen und zeigten langsam ihre Wirkung. Obwohl sporadisch, v.a. in den Klös-
tern, immer noch nach alten Mustern geschrieben wurde, setzte sich nun mehr und
mehr eine moderne wissenschaftliche Geschichtsschreibung durch, für welche die
kritische Auswertung aller vorhandenen Quellen unter Einschluss von Urkunden,
Inschriften und Bodenfunden und die Berücksichtigung der eventuell vorhandenen
Forschungsliteratur charakteristisch ist. Hinsichtlich der Thematik lässt sich ein
lebhaftes Interesse an der lokalen Früh- und Kirchengeschichte feststellen. Formal
tritt in diesen Werken, die in der Regel vor Zitaten strotzen, das narrative Element
zugunsten der in der antiquarischen Forschung üblichen pragmatischen Stoffan-
ordnung zurück. Gleichzeitig sorgten neue Kommunikationsmodalitäten für einen
verstärkten Einsatz rhetorischer Elemente in vielen Schriften : Forschungsergebnisse
wurden in Akademiereden vorgestellt, in Briefen mitgeteilt und in polemischen
Pamphleten erbittert angegriffen oder verteidigt.
Die zentrale Figur im Tiroler Kulturbetrieb dieser Zeit, und ganz besonders in
der Tiroler Geschichtsforschung, war Anton Roschmann (1694–1760 ; vgl. di Pauli
1826 ; Auer 1979 ; Müller/Schaffenrath 2010). In Hall geboren und in beschei-
denen Verhältnissen aufgewachsen, besuchte er vermutlich in seiner Heimatstadt
das Jesuitengymnasium und studierte anschließend in Innsbruck zunächst Philoso-
phie, was er mit dem Magisterium abschloss, danach Theologie und beide Rechte.
Während des Studiums konnte er sich 1722 die Stelle eines Universitätsnotars si-
chern und das Studium 1726 mit dem Lizenziat beider Rechte abschließen. Seine
beengten finanziellen Verhältnisse brachten es mit sich, dass Roschmann sowohl
während des Studiums als auch noch weit in die 30er-Jahre hinein Auftragsarbeiten
übernehmen musste. Einerseits führte er Inventarisierungen und Neuordnungen in
verschiedenen Tiroler Bibliotheken und Sammlungen durch (z.B. im Kloster Stams
und in der Fürstlichen Sammlung in Ambras), was ihm einen guten Einblick in das
hier liegende Quellenmaterial ermöglichte und somit ein Fundament für seine spä-
tere Arbeit als Historiker lieferte. Andererseits verfasste er feierliche lat. Reden und
Gratulationsgedichte für Promotionen an der Universität, die z.T. auch gedruckt
wurden. Nachdem er sich bis 1740 schon einen Ruf als Historiker erarbeitet hatte,
war er bestrebt, seinen Werken durch einen Ehrentitel mehr Glanz und Autorität
zu verleihen. Auf seinen Antrag hin gestattete ihm der Tiroler Landtag in diesem
Jahr, sich künftig bei der Veröffentlichung seiner Werke des speziell für ihn entwor-
fenen Titels „Landschaftlicher Historicus“ zu bedienen. 1745 wurde Roschmann
mit der Leitung der neueröffneten Bibliotheca Theresiana in Innsbruck betraut,
die gleichzeitig Universitätsbibliothek und öffentliche Bibliothek war. Finanzielle
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322