Seite - 752 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
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752 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
patriotische
Gelehrsamkeit
Gesamtwürdigung
Paul Josef Riegger (Kap. 30), der Zerstörung Veldidenas (Kap. 31), seinen Überresten (Kap. 32–33) sowie der
Entwicklung des Namens „Wilten“ aus Veldidena (Kap. 34).
Roschmann beweist, wie auch in den Inscriptiones, eine äußerst gründliche Kenntnis
sowohl der antiken Quellen, selbst der entlegensten, als auch der zeitgenössischen
Forschungsliteratur. Seine umfassende Bildung ermöglicht es ihm, jedes Thema mit
passenden Zitaten zu untermauern, er kombiniert souverän epigraphische Zeug-
nisse und Münzen mit Angaben antiker Schriftsteller. Neben diesen Vorzügen zeigt
diese Schrift aber auch deutlich Roschmanns Grenzen als Geschichtsforscher auf.
Seine Forschungen sind nicht frei von ideologischer Verklärung. Der Erforschung
der Tiroler Vergangenheit lag die Intention zugrunde, das Ansehen der Heimat
zu heben : Roschmann war es darum zu tun, für Tirol eine ruhmreiche römische
Vergangenheit einzufordern, um der Region Prestige zu verschaffen und die Über-
legenheit seiner Heimat gegenüber anderen Ländern zu demonstrieren. Diese im
18. Jh. recht verbreitete Einstellung brachte es mit sich, dass Roschmann im patrio-
tischen Eifer den Boden der kritischen Wissenschaft verließ. Weder für Veldidenas
Status als römische Kolonie noch für ihre führende Stellung innerhalb der Provinz
noch für eine eigenständige, von Vindelicien getrennte Provinz Rätien konnte er
konkrete Beweise liefern. Der einzige wirklich gesicherte Nachweis, den er für die
Bedeutung Veldidenas vorbringen konnte, ist seine Erwähnung im Itinerarium An-
tonini als Schlusspunkt dreier Straßenstrecken, die von Lauriacum (Enns), Pons
Oeni (Altötting) und Aquileia herführten, was jedenfalls für seine Wichtigkeit als
Verkehrsknoten spricht. Der ganze Rest seiner Beweisführung stützt sich, trotz der
großen, fast erdrückenden Menge herangezogener Zitate, letztlich auf Analogie-
schlüsse und Konjekturen. Somit erweist sich die ganze Schrift als ein wissenschaft-
lich fragwürdiges Produkt patriotisch instrumentalisierter Gelehrsamkeit.
Methodisch stand Roschmann auf der Höhe seiner Zeit, in manchen Aspekten
wie z.B. der Dokumentierung seiner Quellen, war er ihr sogar voraus. Seine Schwä-
che lag darin, sich allzu sorglos in ungesicherte Spekulationen verstrickt zu haben,
seine große Stärke, die z.B. in den Inscriptiones sichtbar wird, in der unermüdlichen
Erschließung von Material. Trotz aller Einschränkungen hat sich Roschmann durch
seinen Fleiß einen dauernden Platz unter den wichtigsten Geschichtsschreibern
und Geschichtsforschern Tirols gesichert.
Obwohl zahlreiche Mitglieder der Taxiana, v.a. die sozial höhergestellten, keine
Vorträge hielten, war Roschmann keinesfalls der einzige, der wissenschaftlich aktiv
war. Eine wichtige Persönlichkeit in der Anfangszeit der Akademie war der Univer-
sitätsprofessor Paul Josef Riegger (1705–1775 ; s. Abb. 123 ; vgl. Seifert 1973). Er
stammte aus Freiburg i.B., wo er ein Studium der Philosophie und Rechte belegte,
das er 1729 mit dem Titel eines Lizenziats abschloss. Die Beschäftigung mit Na-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322