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Geschichtsschreibung 755
Adrian Kemter
historische Werke
De Haymone
Wiltener Hauslehranstalt, Kemter wurde später auch als Professor an die Innsbru-
cker Universität berufen.
Adrian Kemter wurde 1705 in Innsbruck geboren, trat 1722 in das Prämonst-
ratenser Chorherrenstift Wilten ein und studierte an der Innsbrucker Universität
Philosophie und Theologie. Zwischen 1761 und 1765 unterrichtete er dort selbst
als Professor für Dogmatik. Als sehr produktiver Wissenschaftler (vgl. hier S. 721–
723, 779 und 901–902) wurde er Mitglied verschiedener Akademien, etwa der
Academia Taxiana oder der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Nach 1765
wurde er Seelsorger in Ampass und starb am 23. Juli 1774 (vgl. Gasser 2, 148–149 ;
Spindler 1959, 514 ; Lentze 1964, 253–254).
Als Historiker beschäftigte sich Kemter neben der Anderl von Rinn-Legende
(vgl. hier S. 826–828) gerne mit Themen, die sein Kloster betrafen, z.B. hielt er
im Winter 1740/41 in der Akademie zwei Vorträge über dessen Gründung (beide
ediert bei Fessler 2003). Das im 12. Jh. gegründete Prämonstratenserstift hatte eine
jahrhundertelange Vorgeschichte als Kanonikergemeinschaft. Laut der Gründungs-
sage, deren Spuren sich mindestens bis ins 13. Jh. zurückverfolgen lassen, wurde
dieses Vorgängerkloster von einem Riesen namens Haymon gegründet (vgl. Chris-
toph Wilhelm Putschs De Haymone gigante hier S. 234–235 und Abb. 32), dessen
überdimensionales Grab man in der Stiftskirche bis zu ihrem Einsturz und an-
schließenden Neubau um die Mitte des 17. Jhs. besichtigen konnte. Der Sage nach
soll Haymon das Kloster in der zweiten Hälfte des 9. Jhs. als Buße für einen Mord
erbaut und dabei einen Drachen, der den Bau verhindern wollte, erschlagen und
ihm die Zunge herausgeschnitten haben. Diese Zunge wurde ebenfalls im Kloster
aufbewahrt, ist aber, im Unterschied zu Haymons Grab, heute noch erhalten : es
handelt sich um ein Schwertfischhorn.
Der erste von Kemters Vorträgen über Wilten, die Dissertatio academica de Hay-
mone gigante („Akademische Abhandlung über den Riesen Haymon“ ; TLMF, Dip.
1230/4), verfolgt die Absicht, die Existenz des Riesen Haymon nachzuweisen.
Dazu versucht Kemter zunächst im ersten Kapitel, mithilfe der Bibel, der Kirchenväter
und anderer antiker Quellen nachzuweisen, dass es Riesen tatsächlich gegeben hat ; zusätz-
lich stützt er sich dabei auf eine Liste mit 28 Stellen aus neueren Autoren, bei denen Funde
von Riesenknochen thematisiert werden. Im zweiten Kapitel führt er aus, dass Haymon
nicht zu den jede Glaubwürdigkeit sprengenden turmhohen Wesen der Sagenwelt gehöre,
sondern einen durchaus vorstellbaren Wuchs von umgerechnet etwa vier Metern gehabt
habe. Dass eine solche Körpergröße plausibel sei, belegt er mit Berichten von derartigen
Menschen aus der Literatur. Das letzte Kapitel untersucht konkrete Zeugnisse für die Exis-
tenz Haymons ; allerdings hat Kemter hier außer einigen Inschriften, Statuen und Bildern
nicht viel zu bieten und muss schließlich seine Argumentation auf die rhetorische Frage
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322