Seite - 768 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Bild der Seite - 768 -
Text der Seite - 768 -
768 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
De origine
Frühgeschichte
Trients
neue Quellen
Reaktionen mit der Zeit, v.a. nach der Entmachtung des Bischofs im Jahr 1748, für immer
größere Irritationen bei der kirchlichen Obrigkeit. Kurz vor seinem Tod wurde
eine seiner Schriften in Trient öffentlich verbrannt, und nach seinem Hinscheiden
mussten seine Anhänger zunächst um ein christliches Begräbnis und später um die
Beibehaltung eines von seinen Mitbürgern errichteten Denkmals kämpfen.
Der überwiegende Teil von Tartarottis Schriften ist auf Italienisch verfasst, eines
seiner Hauptwerke jedoch auf Lat.: De origine ecclesiae Tridentinae et primis eius
episcopis dissertatio („Abhandlung über den Ursprung der Kirche von Trient und
ihre ersten Bischöfe“ ; Venedig 1743). Diese kurze, Bischof von Thun gewidmete
Abhandlung ist wahrscheinlich die methodisch reifste Leistung der Tiroler Histori-
ographie des 18. Jhs. Tartarotti untersucht seine Quellen hinsichtlich ihrer inneren
Stimmigkeit und unterscheidet klar zwischen gesichertem Wissen und bloßen Mut-
maßungen, um die Geschichte der Diözese auf eine solide Grundlage zu stellen. Er
stützt seine Argumentation durch eine große Anzahl z.T. entlegener Quellen und
durch Vergleiche mit der Geschichte anderer Bischofssitze.
Gegenstand seiner Kritik ist die legendenverklärte Frühgeschichte des christli-
chen Trient. Die Kirche von Trient hatte spätestens seit dem 11. Jh. versucht, ihren
Ursprung in die Zeit der Apostel zurückzuverfolgen. Den ersten Bischof, Iovinus,
soll laut diesem Traditionskonstrukt der Hl. Hermagoras eingesetzt haben, der sei-
nerseits vom Evangelisten Markus zu dessen Nachfolger in Aquileia bestimmt wor-
den sei. Nach Iovinus und seinem Nachfolger Abundantius zählte man fünfzehn
weitere Bischöfe bis zum Hl. Vigilius, der sich als erster in dieser Tradition datieren
lässt († 400 oder 405).
Tartarotti setzt dieser Tradition, die sich nur auf relativ späte Quellen berufen
kann, ältere Zeugnisse entgegen, die die Legende entkräften. Die Vorstellung einer
von Aquileia ausgehenden Kirchengründung verwirft er, da die Quellen, die dies
suggerierten, vollkommen unzuverlässig und die Ursprünge der Kirche wesentlich
später anzusetzen seien. Nachdem er auf diese Weise Iovinus aus dem 1. Jh. heraus-
gelöst hat, zeigt er u.a. unter Bezugnahme auf die Passio Sancti Vigilii („Leben des
Hl. Vigilius“ ; vgl. hier S.
32), die Vigilius als den dritten Bischof von Trient kennt,
dass die Kirche von Trient in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. gegründet wurde und
nacheinander von Iovinus, Abundantius, der durch seine Teilnahme der Synode
von Aquileia 381 belegt ist, und Vigilius regiert wurde. Die Entstehung der irrefüh-
renden Tradition erklärt er damit, dass der Name Vigilius innerhalb der Liste der
Bischöfe an eine falsche Stelle versetzt worden sei. Er verlegt seinerseits die meisten
Namen, welche die Tradition zwischen Abundantius und Vigilius ansiedelt, in die
Zeit nach Vigilius.
Tartarottis Abhandlung scheint in Trient keinen Anstoß erregt zu haben. Von
Brixen aus hingegen forderte man Bischof Thun auf, das Werk zu verbieten, was
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322