Seite - 805 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Bild der Seite - 805 -
Text der Seite - 805 -
Sprachdidaktik, Poetik, Philologie 805
Würdigung ;
Forschungs-
desiderate
Poesis Hebraica
wissenschaftliche
Bedeutung
Weitenauers methodische Grundidee ist scharfsinnig und einleuchtend, und er
setzt sie konsequent und didaktisch geschickt um. Nebenbei liefert er auf den
S. 174–202 die vielleicht früheste Beschreibung des Portugiesischen im deutschen
Sprachraum (Kemmler 2002, 257, 273). Abzuklären bleibt, ob das Hexaglotton ge-
minum einfach ein genialisches Einzelwerk sui generis ist oder ob Weitenauer sich
von älteren Autoren und zeitgenössischen Debatten hat anregen lassen. Eine Auf-
gabe für die moderne Sprachdidaktik wäre es, die Praxistauglichkeit seiner Ideen
zu erproben.
Weitenauers Dissertationsschrift Poesis Hebraica („Hebräische Dichtkunst“), die
Casimir Mezger OSA in Innsbruck verteidigt hatte, erschien 1765 in Augsburg.11
Das Werk ist eine dreiteilige Abhandlung über die poetische Kunst des AT (v.a.,
aber nicht ausschließlich seiner poetischen Bücher) mit dem Ziel, dieses als große
Literatur zu rehabilitieren.
Im ersten Teil, De nobilitate poeseos Hebraicae (1–34 ; „Von der Vorzüglichkeit der heb-
räischen Dichtkunst“), versucht Weitenauer das Vorurteil, die Bibel sei sprachlich und
literarisch kunstlos, mit einer Fülle verschiedener Argumente zu widerlegen : so ver-
weist er etwa auf die in ihr vertretene Bandbreite an poetischen Gattungen, erklärt,
wie viel an stilistischem Schmuck in der Übersetzung der Vulgata verloren geht, und
vergleicht die Kunst der biblischen Autoren vorteilhaft mit der von griechischen und
römischen Dichtern wie Homer, Pindar, Vergil und Ovid. Der zweite Teil, De natura
poeseos Hebraicae (35–61 ; „Von der Beschaffenheit der hebräischen Dichtkunst“), un-
tersucht die Frage, ob die poetischen Teile der Bibel ursprünglich metrisch waren. Der
dritte, De usu poeseos Hebraicae (61–104 ; „Von der Benützung der hebräischen Dicht-
kunst“), befasst sich u.a. mit dem mehrfachen Schriftsinn, der Tautologie bzw. ihrem
Fehlen in der Bibel, ihrem privaten (Verständnis, Gebet) und öffentlichen Gebrauch
(Predigt), wofür jeweils Musterbeispiele gegeben werden, und der Frage, ob David der
alleinige Autor des Psalters sei, was mit Hieronymus verneint wird. Den Abschluss
bilden die hundert aus dem Text ausgezogenen Thesen, die Mezger zu verteidigen hatte
(105–117).
Die Anregung zu seiner Beschäftigung mit der Poesie des AT verdankt Weitenauer
aller Wahrscheinlichkeit nach der protestantischen Bibelwissenschaft. Sein Buch
11 Bei Weitenauers zweitem Dissertationsdruck, den 1758 in Innsbruck erschienenen Theses de linguis
sacris Hebraica, Chaldaica, Syriaca et Graeca („Thesen über die heiligen Sprachen Hebräisch, Aramä-
isch, Syrisch und Griechisch“), handelt es sich, wie schon der Titel vermuten lässt, um eine reine
Thesensammlung.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322