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Theologie und kirchliches Schrifttum 821
Giovanni Battista
Graser
Propugnatio
Er publizierte 1749 in Rovereto eine umfangreiche Schrift mit dem Titel Del con-
gresso notturno delle lammie libri tre, in der er die Magie zwar grundsätzlich als eine
Realität anerkannte, aber die gängigen Vorstellungen vom Hexenwesen für haltlos
erklärte. Nahezu zeitgleich hiermit wurde in Unterzell bei Würzburg die Subpriorin
des dortigen Prämonstratenserinnenklosters, Maria Renata Singer, wegen Hexerei
verurteilt, enthauptet und verbrannt. Der Jesuit Georg Gaar hielt an ihrem Schei-
terhaufen eine deutsche Predigt über die Gefahren der Magie und ließ diese auch
gleich drucken (Würzburg 1749). Tartarotti übertrug sie ins Italienische, versah sie
mit bissigen Anmerkungen und gab sie so 1749 in Verona heraus. Dem Veroneser
Historiker Scipione Maffei, einem von Tartarottis Kollegen in der Accademia degli
Agiati, war der Congresso notturno noch nicht fortschrittlich genug, wie er in seiner
Arte magica dileguata (Verona 1749) darlegte. Der Franziskaner Benedetto Bonelli
(vgl. hier S. 772) dagegen verdammte Tartarottis Standpunkt in den Animavversi-
oni critiche sopra il notturno congresso delle lammie (Venedig 1751) als verderbliche
Freigeisterei. Tartarotti antwortete Bonelli mit einer Apologia del congresso notturno
delle lammie (Venedig 1751). Eine in der Zwischenzeit erschienene Replik Gaars
auf seine Anmerkungen (Responsa ad annotationes criticas ; Würzburg 1750) musste
er jedoch aus Zeitmangel einstweilen unbeantwortet lassen.
An diesem Punkt trat nun Giovanni Battista Graser (1718–1786 ; Luzzi 2004a)
auf den Plan. Graser, ein Schüler und Freund Tartarottis, unterrichtete nach sei-
ner Priesterweihe zunächst Rhetorik am Gymnasium von Rovereto, wo u.a. Gian-
grisostomo Tovazzi (vgl. hier S. 774) zu seinen Schülern zählte, und erteilte Privat-
unterricht in Bozen. 1761–1779 lehrte er an der Universität Innsbruck, nachdem
er dort 1761 zum Doktor der Philosophie promoviert worden war, Philosophie,
Geschichte und Patristik. Gleichzeitig war er Bibliothekar an der k.k. Bibliotheca
Theresiana. Seine letzten Jahre verbrachte er wieder in Rovereto. Graser zählte zu
den wichtigsten Mitgliedern der Agiati und gehörte auch der Innsbrucker Taxiana
an. Als Schriftsteller betätigte er sich auf historischem und juristischem Gebiet und
verfasste auch Gedichte (s. hier S. 624–626, 635, 936–937).
Die Schrift, mit der Graser sich für seinen Lehrer in die Schlacht warf, trägt den
Titel Propugnatio adnotationum criticarum in sermonem de Maria Renata saga ad-
versus responsa patris Georgii Gaar S.J. („Verteidigung der kritischen Anmerkungen
zur Predigt über die Hexe Maria Renata gegen die Antworten des Pater Georg Gaar
SJ“ ; Venedig 1752). Wie Grasers Sprachwahl zeigt, war sie für ein internationales,
d.h. konkret für ein deutsches Publikum gedacht. Tatsächlich wurde sie in erster Li-
nie nördlich der Alpen gelesen und diskutiert und machte den Namen ihres Verfas-
sers dort einem weiteren Kreis bekannt. Wesentlichen Anteil daran hatte allerdings
auch eine anonyme Übersetzung ins Deutsche, die 1754 in Bayreuth erschien.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322