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Theologie und kirchliches Schrifttum 823
Staidel,
Ars magica
lege Cautionem Criminalem patris Friderici Spe, doctissimi Societatis Jesu theologi, et iam
miraberis, non qui fieri potuerit, ut tot personae ob meram imaginationem rogo addictae fue-
rint, sed cur multo plures in cineres favillasque non abierint : adeo inordinatus erat procedendi
modus, qui tum apud iudices obtinebat.
Ich aber, GAAR, bin völlig davon überzeugt, dass derjenige dies keineswegs glauben wird,
der nicht weiĂź, wie die sogenannten Hexenprozesse einst in ganz Europa, so weit es reicht,
gewöhnlich durchgeführt wurden, was für Verirrungen, Missbräuche, Auswüchse bei ih-
nen ĂĽberall zu verzeichnen waren. Wenn du darĂĽber nicht informiert bist, lies die Cautio
Criminalis des Pater Friedrich Spee, eines hochgelehrten Theologen aus der Gesellschaft
Jesu, und du wirst dich schon bald wundern – nicht wie es geschehen konnte, dass so viele
Personen wegen eines reinen Hirngespinstes zum Scheiterhaufen verdammt wurden, son-
dern warum nicht noch viel mehr in Rauch und Asche aufgegangen sind. So ungeordnet
war die ProzessfĂĽhrung, die damals bei den Richtern ĂĽblich war.
Die schon zwei Jahre vor der Propugnatio erschienene Ars magica adserta („Die
Kunst der Magie [in ihrer Realität] bestätigt“ ; Trient 1750) des Franziskanerkon-
ventualen und Prosynodalexaminators Francesco, mit Ordensnamen Giovanni di
Dio Staidel (Ars magica 1 ; Gasser 3, 301), setzt sich mit dem Thema auf einer viel
allgemeineren Ebene auseinander und blendet den aktuellen Anlass nach Möglich-
keit aus. Dennoch ist es offensichtlich, dass auch sie ihre Entstehung der gerade
laufenden Debatte verdankt. Insbesondere reagiert das Buch auf Scipione Maffei,
der in der Arte magica dileguata erklärt hatte, es gebe in der Gegenwart keine Magie
mehr, da sie durch das Erlösungswerk Christi zunichte geworden sei (z.B. 27). Stai-
del versucht gegen Maffei darzulegen, es sei keine angemessene Reaktion auf derlei
Phänomene, sie einfach für gegenstandslos zu erklären, sondern sie erforderten eine
differenzierte Sichtweise.
Die Ars magica gliedert sich in acht Paragraphen : Zu Beginn (§1, S. 1–5) erklärt Staidel
zunächst, wie er dazu gekommen sei, die Schrift zu verfassen : Als er sich in seiner Eigen-
schaft als Prosynodalexaminator mit den casus reservati (vgl. hier S.Â
584–586) der Diözese
Trient beschäftigt habe, zu denen auch die Magie gehöre, hätten gewisse Personen – Na-
men werden nicht genannt – ihm vorgehalten, das sei ein eitles Unterfangen : Der Opfer-
tod Christi habe die Magie aus der Welt geschafft. Daraufhin habe er beschlossen, sich
näher mit dem Phänomen zu befassen. Es folgt eine Definition der Magie, die mit Ver-
wandlung, Sinnestäuschung und Wahrsagerei drei Aspekte berücksichtigt. Der nächste Ab-
schnitt (§ 2, S. 5–8) enthält biblische Belege für die Existenz der Magie, z.B. den Bericht
über die ägyptischen Zauberer, die sich Moses in den Weg stellten (Ex 7). Es folgt eine
Analyse von Bibelstellen wie Apk 20,2–8, die auf den ersten Blick – aber nicht in Wirk-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322