Seite - 830 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Bild der Seite - 830 -
Text der Seite - 830 -
830 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Weitenauer,
Biblia sacra die Professur für die Heilige Schrift inne. Sein Tyrocinium Sacrae Scripturae („Ein-
leitung in die Heilige Schrift“ ; Augsburg/Innsbruck 1763) ist ein kurzgefasstes,
aber gründliches Lehrbuch der Bibelkunde. Nach einem Vorwort an Kopfs Hö-
rer, für die das Buch gedacht ist ([4]–[12]), behandelt ein erster Teil allgemeine
Fragen (Kanon, Inspiration, Regeln der Auslegung und Verwendung der Heiligen
Schrift ; 13–98), ein zweiter führt auf dem Stand der exegetischen Forschung der
Zeit in die einzelnen Bücher ein (99–160). Bemerkenswert und hilfreich ist am
Schluss ein umfangreicher Index Hebraismorum et nominum (161–196 ; „Index der
Hebraismen und Eigennamen“). Aufgrund seiner übersichtlichen Darstellung der
Materie erwies sich das Tyrocinium als so nĂĽtzlich, dass es 1776 eine zweite Auflage
in Augsburg und 1786 eine dritte in Trient erlebte (Coreth 1947, 19–20 ; Falkner
1969, 179–180).
Noch bekannter als Kopf war der Ingolstädter Ignaz Weitenauer SJ (1709–1783),
der sich in erster Linie als Philologe und Orientalist einen Namen machte (vgl. hier
S. 802) und deshalb von 1753 bis 1773 den Innsbrucker Lehrstuhl für Philoso-
phie und orientalische Sprachen innehatte. Hier kann nur kurz auf sein zwischen
1768 und 1773 in Augsburg publiziertes exegetisches opus magnum eingegangen
werden : die rund 4500 Seiten umfassenden sechs Bände der Biblia sacra utriusque
testamenti („Heilige Schriften beider Testamente“), in denen er die gesamte Bibel
erschloss. Sie seien exemplarisch anhand des 1769 erschienenen fĂĽnften Bandes
vorgestellt, der Sancta IV Evangelia et Acta apostolorum e Syriacis Graecisque fontibus
ad mentem Vulgatae et Latini sermonis consuetudinem sensu literali dilucide explicata
(„Die heiligen vier Evangelien und die Apostelgeschichte, auf der Grundlage der
syrischen und griechischen Quellen im Sinne der Vulgata und gemäß den Gepflo-
genheiten der lat. Sprache nach ihrer wörtlichen Bedeutung klar erläutert“). Der
Titel ist Programm, das Vorwort deutet ihn aus und illustriert ihn mit zahlreichen
Beispielen. Nach einer kurzen Einbettung des Bandes in das Gesamtprojekt (III–
IV) erklärt Weitenauer, er wolle erstens auf den jeweiligen Urtext zurückgehen,
zweitens den Sinn der Vulgata möglichst genau erfassen und diesen drittens durch
eine Ăśbertragung in klassisches Lat. jedermann erschlieĂźen (IV). Was den ersten
Punkt betrifft, so hält er bei den meisten Schriften die griechische, bei Matthäus
jedoch die syrische Fassung fĂĽr den Urtext. Indem man auf diesen rekurriert, las-
sen sich viele Fragen, welche die Vulgata aufwirft, leicht klären (IV–IX). Was das
Textverständnis betrifft, sieht er Schwierigkeiten, die es zu erläutern gilt, einerseits
auf der Ebene des textus („Text“), andererseits auf der des nexus („Verknüpfung“).
Erstere betreffen Wort- und Satzverständnis, letztere den Zusammenhang zwischen
den Sätzen, d.h. Phänomene, die wir heute der Textgrammatik zuordnen würden
(IX–XII). Die Umsetzung in klassisches Lat. bleibt dem Matthäusevangelium
vorbehalten, das Weitenauer mit der altkirchlichen Überlieferung für das älteste
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322