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Philosophie und Naturwissenschaft 835
Aristotelismus
ten Buch soll nichts über die Zahl der Intelligenzen,1 nichts über die Freiheit und auch
nichts über die Unendlichkeit des ersten Bewegers gesagt werden : Diese Dinge sollen in
der Metaphysik behandelt werden, und zwar ausschließlich nach der Ansicht des Aris-
toteles. Die Texte des zweiten, dritten und vierten Buchs Über den Himmel sollen kurz
gestreift, großteils aber übergangen werden. In diesen Büchern soll nichts außer wenigen
Fragen über die Elemente behandelt werden, bezüglich des Himmels aber nur etwas über
dessen Substanz und Einfluss. Die übrigen Fragen sollen dem Professor der Mathematik
überlassen oder summarisch zusammengestellt werden. Die Meteorologie aber soll in den
Sommermonaten jeweils in der letzten Schulstunde am Nachmittag durchlaufen werden,
und zwar entweder – falls möglich – vom ordentlichen Professor der Philosophie oder
von einem außerordentlichen, es sei denn, es scheint auf eine andere Weise praktikabler
zu sein.
Im dritten Jahr wird er das zweite Buch Über Entstehen und Vergehen erklären, die
Bücher Über die Seele und die der Metaphysik. Im ersten Buch Über die Seele soll er die
Ansichten der alten Philosophen zusammenfassend durchlaufen, im zweiten zwar die
Sinnesorgane behandeln, dann aber nicht zur Anatomie und zu den übrigen Dingen ab-
schweifen, die in die Medizin gehören. In der Metaphysik sollen die Fragen über Gott
und die Intelligenzen, die ganz oder großteils von den durch den göttlichen Glauben wei-
tergegebenen Wahrheiten abhängen, übergangen werden. Die Vorrede sowie der Text des
siebten und des zwölften Buches sollen zum größten Teil und sorgfältig erklärt werden.
In den übrigen Büchern sollen aus jedem gewisse besonders geeignete Texte gleichsam als
Grundlagen für die auf die Metaphysik bezüglichen Fragen ausgewählt werden.
Die z.T. sehr detaillierten Ausführungen der Ratio studiorum machen klar, dass der
jesuitische Philosophieunterricht wie schon in der Logik so auch auf den höheren
Stufen der Physik und Metaphysik praktisch ausschließlich um Aristoteles und
die Aristotelesinterpretation kreist : Philosophie heißt bei den Jesuiten zunächst
einmal die Lektüre und Besprechung eines genau geregelten Kanons aristoteli-
scher Werke. Bei der Auswahl und Aufteilung des Stoffs für diesen Kanon ist das
Bestreben zu erkennen, sich einerseits nicht auf allzu konkrete Naturbetrachtung
einzulassen und andererseits von der Theologie abzugrenzen (die im Anschluss
an den cursus philosophicus ein eigenes vierjähriges Studium bildete). Theologisch
einschlägige Bücher und Passagen werden nur zusammenfassend behandelt oder
ausgelassen. Der Metaphysikkurs versteht sich allerdings als philosophische Vor-
bereitung auf die Theologie, was u.a. aus der besonderen Empfehlung der Bücher
sieben und zwölf der Metaphysik hervorgeht. In diesen wird nämlich der Begriff
1 Mit „Intelligenzen“ sind die von Aristoteles zur Erklärung der Bewegung von Gestirnen postulier-
ten Gestirngeister gemeint (vgl. Arist. metaph. 1074a38–1074b9 ; HWdPh 1, 584 ; 3, 556–559).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322