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836 Von der GrĂŒndung der UniversitĂ€t bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Themen
thematische
Vielfalt der Substanz erörtert, was letztlich zur Idee der unvergÀnglichen Substanz oder des
ersten Bewegers hinfĂŒhrt.
Die bereits erwÀhnte thematische Neuausrichtung der Dissertationen zeigt sich
schon daran, dass sich unter den erhaltenen Dissertationen der vorliegenden Peri-
ode nur mehr ein einziges Beispiel fĂŒr ein logisches Thema, nĂ€mlich das Spezial-
problem der spezifischen Differenz, findet.2 Daraus darf man nicht schlieĂen, dass
der Logikunterricht keine Rolle mehr spielte â am Jesuitengymnasium wurde be-
stimmt nach wie vor intensiv Logik gelehrt, und es fanden logische Disputationen
statt. GegenĂŒber den âhöherenâ, akademischen Kursen der Physik und Metaphysik
scheint die Logik aber in den Geruch des PropÀdeutikums gekommen zu sein, und
da gedruckte Dissertationsschriften auch zur sozialen ReprĂ€sentation dienten â v.a.
der Defendenten, die die Mittel fĂŒr die Publikation aufbrachten und die Widmun-
gen verfassten â, leuchtet die Bevorzugung der Naturphilosophie unmittelbar ein.
Trotz eines oft immer noch hohen Abstraktionsgrads sind die behandelten Fragen
anschaulicher als in den rein der Logik gewidmeten Dissertationen. Zu diesem Ein-
druck trÀgt auch bei, dass es relativ wenige Dissertationen gibt, die speziell meta-
physische Fragen verhandeln.3 Die Abgrenzung von der Theologie scheint in der
Praxis der Dissertationen ein noch stĂ€rkeres BedĂŒrfnis als in der Theorie des Lehr-
plans gewesen zu sein. Dazu kommt, dass gegen Ende unserer Epoche die Metaphy-
sik wegen ihres hohen Spekulationsgrads dem nunmehr utilitaristischen Tendenzen
folgenden Staat unangenehm wurde. 1734 wurde deshalb im Zuge einer von der
Wiener Zentralregierung verordneten UniversitÀtsreform der Philosophiekurs auf
Kosten der Metaphysik um ein Jahr verkĂŒrzt. Fortan wurde Metaphysik nur noch
in reduzierter Form als Teil des einfĂŒhrenden Logikkurses gelehrt â âwas nĂ€mlich
nĂŒtzlich ist, mit Hinweglassung alles Obscuren, WeitlĂ€ufigen, was den Verstand der
Zuhörer nur verdunkelt etc.â. Als Ersatz wurde ein freiwilliges â seit 1752 je nach
weiterfĂŒhrendem Studium in verschiedenem AusmaĂ obligates â drittes Jahr ein-
gerichtet, in dem die Studenten Geschichte, historia litteraria (âLiterargeschichteâ)
und Eloquenz, spÀter auch HebrÀisch, Griechisch und Naturgeschichte hören
konnten (vgl. Probst 1869, 106â109 ; Oberkofler/Goller 1996, 30â46).
Was nun die Themen im Einzelnen angeht, zeigt schon ein kursorischer Ăber-
blick, dass sich die publizierten Dissertationen nicht auf den Drill der Ratio stu-
diorum reduzieren lassen. Aristoteles und seine Schriften sind zwar autoritativ und
2 Kaspar MÀndl (PrÀses) und Johann Baptist Alvera (Respondent) : Discursus dialecticus de specifica
rerum differentia (âDialektisches GesprĂ€ch ĂŒber die spezifische Differenz der Dingeâ ; Innsbruck
1687).
3 Vgl. Wundt 1939, 45, der einen Mangel an MetaphysiklehrbĂŒchern in der katholischen Schulphi-
losophie feststellt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Ć ubariÄ
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der GrĂŒndung der UniversitĂ€t bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Ć ubariÄ) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Ć ubariÄ/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Ć ubariÄ) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂŒrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322