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840 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
tastrophenjahr nahm sich in Hall eine szenische Aufführung des Themas an (Pro-
zeß der göttlichen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit mit der khaiserlichen Statt Hall
in Tyroll ; TLMF, FB 831/5) ; Adam Widls 1674 erschienene Sammlung lyrischer
Gedichte enthält eine Descriptio nuperi terrae motus per Tirolim, die wohl schon
vorher unter dem Eindruck der Ereignisse entstanden war (vgl. hier S. 655) ; und
der Altdorfer Universitätsprofessor Johann Christoph Sturm veröffentlichte nur
wenige Monate nach den zerstörerischen Erschütterungen eine naturphilosophi-
sche Dissertation über Erdbeben.6 Desselben Genres bediente sich auch der Inns-
brucker Philosophieprofessor Anton Manincor (1638–1680) in seiner im Folgejahr
entstandenen Disputatio philosophica de terraemotibus anni 1670 („Philosophische
Disputation über die Erdbeben des Jahres 1670“ ; Innsbruck 1671). Dieses Werk
ist in mehrfacher Hinsicht beachtlich, nicht zuletzt weil hier Naturphilosophie mit
Universitäts- und Zeitgeschichte verwoben ist. Der gebürtige Innsbrucker Manin-
cor unterrichtete bis 1669 Logik am Jesuitengymnasium und war von der Ordens-
leitung eigentlich schon als Philosophieprofessor für die Universität Dillingen be-
stimmt gewesen, als die Einrichtung der philosophischen Fakultät in Innsbruck
den Ausschlag für den Verbleib in seiner Heimatstadt gab (vgl. Probst 1869, 4 mit
Anm. 2). Manincor war somit neben seinem Ordenskollegen Andreas Feurstain
(1632–1685) der erste Professor für Philosophie an der Universität Innsbruck. Und
da diese zunächst nur aus der philosophischen Fakultät bestand, waren Manincor
und Feurstain die ersten Professoren der Universität überhaupt. Wie damals üblich,
stieg Manincor mit den Studenten im cursus philosophicus auf und lehrte 1670 die
Physik und 1671 die Metaphysik. Die nicht-metaphysischen Fragestellungen der
Dissertation über die Erdbeben beweisen, dass es keinen direkten Zusammenhang
der Dissertationen mit dem Unterricht geben musste. Das Thema lässt sich am
ehesten dem Physikkurs und hier der – im Lehrplan kurioserweise für sommerli-
che Nachmittagsstunden vorgesehenen – aristotelischen Meteorologie zuordnen, auf
deren einschlägige Passagen zur Natur von Erdbeben (besonders meteor. 2,8) sich
unsere Dissertation auch beruft.
Der Bezug zur Universitäts- und Zeitgeschichte wird in der Widmungsrede der beiden
Respondenten Anton Waid und Peter Prantner explizit gemacht, zweier Studenten Ma-
nincors aus dem Metaphysikkurs von 1671. Sie richten sich an den Regierungskanzler
Johann Baron von Wittenbach, dem u.a. für seinen Einsatz bei der Gründung der Univer-
6 De terraemotibus eorumque praecipuis accidentibus […] occasione nuperioris, qui 7/17 […] Halae ad
Oenum tantam stragem intulit („Über Erdbeben und ihre hauptsächlichen Umstände […] aus Anlass
des jüngsten Erdbebens, das am 17. Juli […] in Hall am Inn eine so große Verwüstung anrichtete“ ;
Altdorf 1670).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322