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854 Von der GrĂŒndung der UniversitĂ€t bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Rezeption bei
Fabre dâEnvieu
Malebranche und
Iuvenalis non ignora e non trapassa le difficoltĂ da me accennate contro il Malebranche : restringe ed
acconcia il significato delle sue espressioni per modo, che non ripugnano alla grande tradi-
zione della cattolica veritĂ , e procede per la via battuta daâ Padri, cercando continuamente
di conciliare ciĂČ che insegna sopra di ciĂČ s. Agostino, coâ sentimenti di s. Tommaso.
Rosmini entreiĂt Iuvenalis der Vergessenheit, weil er seine âontologistischenâ
Grundannahmen teilt und an einer Erneuerung der christlichen Philosophie in
diesem Sinn interessiert ist. Ăhnlich gelagert ist der Fall von Jules Fabre dâEnvieu,
einem Theologieprofessor an der Sorbonne, der 1878 in Paris eine gekĂŒrzte Fas-
sung von Iuvenalisâ Hauptwerk herausgab.14 In der Vorrede bedauert er, dass dieses
scharfsinnige Buch wegen seines Titels und Titelbilds (der gekreuzigte Christus) re-
gelmĂ€Ăig unter die theologischen oder mystischen Werke gerechnet werde, obwohl
es sich durch und durch mit Philosophie beschÀftige. Das aufmerksame Lesen des
Werks lehre uns, die SchĂ€rfe von Iuvenalisâ Geist zu bewundern, der es verdiene,
unter die Sterne erster GröĂe am philosophischen Himmel des 17. Jhs. gezĂ€hlt zu
werden. Das Iuvenalis gespendete Lob steht auch hier im Kontext der Propagierung
eines zeitgenössischen philosophischen Systems : Fabre dâEnvieu schreibt in dersel-
ben Vorrede nĂ€mlich ĂŒber die Notwendigkeit einer Erneuerung des Ontologismus
und Neuplatonismus, um dem seiner Ansicht nach grassierenden Sensualismus und
Subjektivismus Paroli bieten zu können. In den Jahren 1862 und 1864 hatte er
bereits zwei eigene Schriften zur Verteidigung des Ontologismus herausgebracht.15
Inwiefern ist der Vergleich von Iuvenalis und Malebranche gerechtfertigt (vgl.
Gnesotto 1891 ; Chiocchetti 1923, 47â48) ? Beide teilen die Grundannahmen der
christlichen Illuminationslehre und beide erkennen diese Tradition an. Dieser gene-
rellen Gemeinsamkeit stehen jedoch zahlreiche Unterschiede in der AusfĂŒhrung der
jeweiligen Systeme gegenĂŒber. Der deutlichste inhaltliche ist wahrscheinlich, dass
Malebranche in der Nachfolge Descartesâ eine radikale Spaltung zwischen Subjekt
und AuĂenwelt betont, die allein durch eine kontinuierliche Vermittlung Gottes
ausgeglichen werden kann. Dieser Gedanke mĂŒndet ins Konzept des Okkasionalis-
mus, nach dem jede Interaktion zwischen Geist und Körper nur durch das aktive
Eingreifen Gottes zustande kommen kann. Diese Konsequenz wÀre Iuvenalis fremd
gewesen. Wie Augustinus maĂ er der AuĂenwelt Existenz zu und sprach den Sinnen
eine beschrÀnkte ErkenntnisfÀhigkeit nicht ab, auch wenn diese nicht zu vernunft-
14 Zu Fabre dâEnvieu vgl. Domergue 1975 ; die Neuedition trug den vereinfachten Titel Solis intelli-
gentiae lumen indeficiens seu immediatum dei ut entis summi internum magisterium (âDas unablĂ€ssige
Licht der Sonne der Erkenntnis oder die unmittelbare und innere Lehre Gottes als des höchsten
Wesensâ).
15 DĂ©fense de lâontologisme (Paris 1862 ; versucht, Thomas von Aquin augustinisch zu interpretieren) ;
RĂ©ponse aux lettres dâun sensualiste contre lâontologisme (Paris 1864).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Ć ubariÄ
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der GrĂŒndung der UniversitĂ€t bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Ć ubariÄ) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Ć ubariÄ/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Ć ubariÄ) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂŒrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322