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Medizin 871
Holler,
Usus chocolatae
Aufbau ; Inhalt
und rauchen sie, wenn sie getrocknet sind ; und wenn man den Erzählungen Glauben
schenken darf, dann schnupfen sie die Asche anschließend auch noch anstelle des Ta-
baks.
Umfassender als die beiden oben besprochenen Werke ist Franz Hollers (1648–
1725 ; Tovazzi, Nr. 116 ; Rogenhofer 1975, 117–119) Schrift Usus chocolatae, thee,
caffe et tabaci abusus vitae longae et sanitati contrarius („Schokolade-, Tee-, Kaffee-
und Tabakkonsum, ein Missbrauch, der langem Leben und Gesundheit abträglich
ist“ ; Innsbruck 1698). Die Dissertation umfasst 23 Seiten und stellt eine gehar-
nischte Abrechnung mit den Befürwortern der genannten Luxusgüter dar.
Der aus Meran stammende Holler begann seine medizinische Karriere als Haus-
arzt des Klosters Wilten und diente dann als Protomedicus der verwitweten Erzher-
zogin Eleonore von Österreich. Gleichzeitig war er 1691–1702 Professor der medi-
zinischen Aphorismen und Primarius an der Innsbrucker medizinischen Fakultät.
Nach seiner Tätigkeit an der Universität, wo er auch Rektor war, übersiedelte er
nach Wien, wo er kaiserlicher Leibarzt wurde.
Zu Beginn seiner Dissertation erläutert der Verfasser den Stellenwert, den die
behandelten Genussmittel in Europa eingenommen haben. Er beschreibt ihre weite
Verbreitung und verweist darauf, dass sie sowohl im einfachen Volk wie auch in
höchsten Kreisen auf uneingeschränkte Sympathie stoßen. Dabei entpuppt sich
Holler als Traditionalist mit sehr konservativer kultureller Einstellung. So ärgern
ihn mindestens ebenso wie der unbedachte Konsum der genannten Produkte die
neuartigen Modeerscheinungen und veränderten Lebensgewohnheiten, welche mit
ihnen einhergehen. Er zeichnet ein düsteres Bild von der kulturellen Entwicklung
Mitteleuropas und speziell Tirols. Tabak, Kaffee, Kakao und Tee hätten eine wahre
Euphorie gegenüber allem Fremdländischen, v.a. Morgenländischen, ausgelöst. Be-
sonders gut ersichtlich sei dies an den veränderten Tischmanieren. Diese moralische
Kritik dient als Einleitung zu seinem negativen wissenschaftlichen Befund, welcher
darauf ausgelegt ist zu zeigen, dass Tee, Kaffee, Tabak usw. in ihrer Heilsamkeit
überbewertet würden und allgemein für Europäer nicht geeignet seien. Der Kultur-
verfall offenbart sich für Holler besonders in der Tatsache, dass sich die Europäer
von einem neuen ‚Wellnesswahn‘ hätten ergreifen lassen, der völlig unangebracht
sei. Diesen Widerspruch drückt er am Ende gekonnt unter Häufung mehrerer Oxy-
mora aus (Bl. A3v) :
O sanos ergo insanos ! Qui, cum bene vivatis, ut vivatis melius, vivitis pessime, et dum iuve-
nilem quaeritis senectutem, in ipsa iuventute senescentes medicamentis quasi cultro in manu
amentis vobis ipsis filum vitae decurtatis.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322