Seite - 878 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Bild der Seite - 878 -
Text der Seite - 878 -
878 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Wechsel und
Wucher
Festi, Iuris et
facti deductio
Juristen im Dienst
der Regierung
Antonio Buffa für welche sie einen Aufschub bekommen habe, vor Gericht zu unterschlagen (97–98).
Eine kurze Zusammenfassung bildet den Schluss (98–99).
Ein Kernpunkt von Giovanellis Verteidigung ist seine Behauptung, Wechsel un-
terlägen nicht den Wuchervorschriften. Um dies zu beweisen, argumentiert er, ein
Wechsel sei nichts anderes als ein Kauf fremder Währung ; Wertänderungen lägen
in seiner Natur, ein allfälliger höherer Gewinn sei durch das größere Risiko ge-
rechtfertigt (94–97). Dabei macht er sich die damals mangelhafte gesetzliche Re-
gelung des Wechsels zunutze : Das Verhältnis der Währungen zueinander war zwar
theoretisch in Verordnungen festgelegt, doch diese waren stets veraltet und meist
lĂĽckenhaft, sodass oft nicht feststellbar war, ob in einem konkreten Fall ĂĽberhaupt
Wucher vorlag.
Giovanni Innocenzo Festi (1737–1813), Sohn des Rechtsgelehrten Lorenzo
Festi, studierte in Wien, wirkte lange Jahre als Richter in zweiter Instanz in Ju-
dikarien und Vallagarina, wurde 1776 geadelt und schlieĂźlich zum Mitglied des
Hofrats von JosephÂ
II. ernannt (Tovazzi, Nr. 264 ; Festi 1983, 105–110). Er nahm
an einer Reihe bedeutender Prozesse teil, wobei er jeweils auch seine Schriftsätze
drucken ließ. Seine Iuris et facti deductio pro illustrissimo domino Caietano („Vor-
bringungen zur Rechts- und Sachlage für den hochberühmten Herrn Kajetan“ ;
Wien 1773) tritt fĂĽr einen Kajetan von Primarta ein, der bei der Eintreibung ihm
zustehender Abgaben in den Trentiner Gemeinden Reviano-Folas, Nogaredo, Pe-
dersano und Aldeno auf Probleme gestoĂźen war. Diese hatten die Steuern, die
sie hätten bezahlen sollen, angefochten, da bei der Bestellung der procuratores
(„Sachwalter“) nicht alle eingetragenen Bürger erschienen waren, und eine resti-
tutio in integrum („Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“) gefordert (3–44). Im
Anhang bietet die Schrift ein seltenes Beispiel fĂĽr ein erhaltenes Gutachten einer
juristischen Fakultät (45–74). Primarta hatte bei der Universität Wien um ein
solches angesucht, um zu klären, ob die Versammlung formell korrekt stattgefun-
den habe oder ob eine restitutio zu gewähren sei. Die Wiener Fakultät entschied
in seinem Sinne.
Wie bereits in der vorhergehenden Epoche standen auch in der vorliegenden be-
deutende Juristen im Dienst des Hauses Österreich. Von diesen Persönlichkeiten ist
Franz Brandis bereits früher behandelt worden (vgl. hier S. 719–720), Johann Bap-
tist Moser und Johann Christoph Fröhlich von Frölichburg werden bald in anderem
Zusammenhang zur Sprache kommen. Hier seien mit Antonio Buffa und Francesco
Antonio de Alberti kurz zwei weitere Vertreter des Berufsstandes vorgestellt.
Antonio Buffa, 1622 in Telve geboren, wurde nach dem Studium der Rechtswis-
senschaften 1665 zum Prokurator in Rom ernannt, trat dann aber in die Dienste
der oberösterreichischen Regierung. 1674 wurde er in den Freiherrenstand erho-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322