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886 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Anton Andreas
Rudolphi und die
Centuria
Peter Inama Palladis togatae („Hundertschaft der friedlichen Pallas“ ; Innsbruck 1704), seinem
bekanntesten Werk, veröffentlichte er in Innsbruck 1710 ein Tribunal iuridicum
(„Juristisches Gericht“), ein in 20 Kapitel gegliedertes Lehrbuch zum Prozessrecht,
dessen Aufbau den Verlauf des Prozesses abbildet, und 1714 Quaestiones selectae ex
universo iure publico („Ausgewählte Fragen aus dem ganzen öffentlichen Recht“).
Die Centuria Palladis togatae wurde von Johann Ulrich Rudolphis Sohn Anton
Andreas (1682–1761) bei seinem eigenen Vater verteidigt. Anton Andreas trat auch
insofern in dessen FuĂźstapfen, als auch er 1717 auf die Professur der Institutionen
berufen wurde. 1726 wurde er Rat bei der Hofkammer und verließ die Universität
(Tovazzi, Nr. 344 ; Probst 1869, 97 ; Gasser 3, 188). Kurz davor, 1725, veranstal-
tete er in Innsbruck jedoch noch eine ĂĽberarbeitete und erweiterte Neuausgabe
der Centuria unter dem Titel Centuria controversarum quaestionum („Hundertschaft
umstrittener Fragen“). Zwei weitere gleich betitelte Bände mit ebenfalls 100 Fällen,
die in derselben Art abgehandelt werden, lieĂź er 1753 und 1758 in Augsburg bzw.
Kaufbeuren drucken. Wie die Hundertzahl schon vermuten lässt, handelt es sich
um Sammlungen von Konsilien, doch anders als Antonio Quetta (vgl. hier S.Â
378–
379) präsentieren die beiden Rudolphi fiktive Fälle und scheinen sich, wie z.B. die
anschaulichen und detailreichen Sachverhaltsdarstellungen nahelegen, an ein etwas
breiteres Publikum zu wenden. Die Fälle stammen aus allen möglichen Gebieten
des Rechtes, wobei im ersten Band ein Schwerpunkt auf dem Erb- und Lehensrecht
liegt. Was die Gliederung betrifft, so steht am Beginn jedes Falles eine quaestio,
welche die Fragestellung in einem Satz zusammenfasst. Auf die Darstellung des
Sachverhaltes (facti species) folgen die Gegenargumente (rationes dubitandi) und die
begrĂĽndenden Argumente (rationes decidendi). Am Schluss gibt Johann Ulrich in
einem einzigen Satz sein votum („Entscheidung“) ab, ohne dieses weiter zu recht-
fertigen. Sein Sohn schlieĂźt dagegen mit einer Widerlegung der Gegenargumente
(solutio rationum dubitandi). Auch sonst ist er etwas ausfĂĽhrlicher als sein Vater
und ergänzt dessen Argumentation, die sich auf die relevanten Stellen des CICiv
konzentriert und relevante Fachliteratur nur kurz diskutiert, um zusätzliche Ge-
sichtspunkte und weitere Literaturangaben.
Peter Inama (1715–1783) studierte Rechtswissenschaften in Innsbruck und
übernahm dort 1739 die Professur der Institutionen. Später wechselte er auf die
Professur des Pandekten-, Lehens- und Strafrechts, musste jedoch 1768 wegen in-
terner Querelen – er galt als ziemlich streitsüchtig – sein Amt aufgeben.1 Er verfasste
u.a. ein Werk über Ortus et progressus iuris anteiustinianei („Beginn und Fortschritt
des vorjustinianischen Rechts“ ; Innsbruck 1747) und vielleicht eine Dissertatio
academica de sufficiente legis cum naturalis tum positivae cognitione („Akademische
1 Probst 1869, 190–191 ; Gasser 2, 131 ; Weiler 1968 ; Inama-Sternegg 1978, 105–106.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322