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888 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Joseph Leonhard
Banniza
Delineatio iuris
criminalis mit Karl Leopold Pichler erstmals ein außerordentlicher Professor des Strafrechts
ernannt. Zuvor hatte es (ab 1673) nur eine nicht remunerierte außerordentliche
Lehrkanzel gegeben, deren Inhaber den Stoff in Privatkollegien unterrichtet hat-
ten (Huter 1997, 294). Die Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht machten sich
durch ihre zahlreichen Publikationen schon bald einen Namen. Ein Großteil ihrer
Schriften ist allerdings bereits auf Deutsch verfasst und kann deshalb hier nicht
behandelt werden. Die große Beliebtheit des Strafrechts, zu dem auch viele eigen-
ständige studentische Disputationen verfasst wurden, als Forschungsgegenstand
dürfte darauf zurückzuführen sein, dass dieses Gebiet im Zeichen der Aufklärung
intensiv diskutiert und reformiert wurde, was die Constitutio criminalis Theresiana
(„Theresianische Strafordnung“) von 1768/69 oder das Josephinisches Strafgesetz
mit Abschaffung von Folter und Todesstrafe von 1787 zeigen.
1768 wurde Joseph Leonhard Banniza (1733–1800) als Professor des bürgerli-
chen und peinlichen Rechts nach Innsbruck berufen. Banniza war 1755 gemeinsam
mit seinem Vater Johann Peter, einem bekannten Juristen, nach Wien gegangen
und dort schon 1762 Professor des gemeinen und besonderen österreichischen Pro-
zesses geworden. 1782 wurde er in Innsbruck auf den Kanonistiklehrstuhl versetzt,
den er bis zu seinem Tod innehatte. Banniza war ein fruchtbarer Schriftsteller, der
v.a. zum Zivil- und Strafrecht publizierte (Grass 1951, 170 ; Oberkofler 1984, 175–
178 ; 1987, 108–109, 310–311).
Sein bekanntestes strafrechtliches Werk war ein zweibändiges Handbuch, das
bald als Pflichtlektüre in den Studienplan aufgenommen wurde : die Delineatio iuris
criminalis secundum Constitutionem Theresianam ac Carolinam („Skizze des Straf-
rechts nach der Theresianischen und der Karolinischen Strafordnung“ ; Innsbruck
1771–1773). Sie ist insbesondere deshalb wertvoll, weil Banniza „der kriminalisti-
schen Gesetzgebung in ihrer ganzen Ausdehnung literarisch folgte“ und das Straf-
recht „systematisierte“ (Oberkofler 1977, 84).
Der erste Band, der auf zwei Bücher aufgeteilt ist, beschäftigt sich mit den Delikten und
ihren Strafen. Das erste Buch ist eine allgemein gehaltene Einleitung und bespricht Ge-
schichte und Rechtsgrundlagen des Strafrechts, Arten der Delikte und Strafen sowie Mil-
derung, Verschärfung, Konkurrenz und Erlass von Strafen. Im zweiten Buch zählt Banniza
zunächst die in der Constitutio criminalis Carolina vorgesehenen Strafen auf, wobei er in
ihrer Behandlung zwischen principia („Grundlagen“) und corollaria („Zugaben“) unter-
scheidet. Anschließend werden die einzelnen Delikte der Carolina und der Theresiana be-
sprochen. Der zweite Band widmet sich dem Prozessrecht, wobei Banniza auch hier an der
Unterscheidung zwischen allgemeinen und speziellen Ausführungen festhält. Im ersten
Buch untersucht er die Rechtsprechung i.A. (Instanzenzug, Präjudiz), den Gerichtsstand
und die am Prozess beteiligten Personen sowie die Pflichten des Richters und der actua-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322