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Dichtung 925
Quellen
Carmina
Metonymie, Allegorie, Ironie, Hyperbel und Periphrase erläutert. Im Allgemeinen
handelt es sich also nicht um eine präskriptive Verslehre, die den Schüler zum ei-
genständigen Dichten anleiten soll, sondern um eine deskriptive Darstellung der
lat. Dichtersprache. An wenigen Stellen, die meist mit Scholion („Anmerkung“)
überschrieben sind (11, 23, 35, 50, 59), streut Vorhauser kurze praktische Hinweise
für Schüler ein.
Für alle beschriebenen Phänomene wird im Anschluss eine große Menge an Bei-
spielen aus der lat. Poesie zitiert. Nur wenige Autoren werden dabei namentlich
genannt : Vergil, Horaz, Ovid und Sannazaro. Einmal zitiert Vorhauser Arbeiten
seiner Schüler aus Brixen (50 : in hoc gymnasio nostro Brixinensi), um zu zeigen, wie
unterschiedlich der Satz Ubi prius erat mare, nunc terra est („Wo zunächst Meer war,
ist jetzt Land“) dichterisch ausgedrückt werden kann. Ein wichtiges Vorbild für
das Werk als Ganzes ist die lat. Metrik von Joseph Resch (Augsburg 1748, vgl. hier
S. 799), der ebenfalls in Brixen wirkte.
Am Ende der Verslehre betont Vorhauser, dass alles theoretische Wissen um die
lat. Dichtung nichts nütze, wenn man nicht täglich Gedichte lese und sich auch
selbst im Schreiben eigener Verse übe. Zu diesem Zweck schließe er die folgenden
Carmina selecta sacra et profana („Ausgewählte geistliche und weltliche Gedichte“)
an – 15 geistlichen und 11 weltlichen Inhalts.
Am Beginn der geistlichen Gedichte – allesamt Elegien – stehen zwei Gedichte an Jesus
Christus. Im ersten verspricht ihm der Dichter, er werde sich einst im Himmel in die Schar
derer einordnen, die seine Triumphe besingen – eine Reminiszenz an programmatische
Ankündigungen größerer Werke in vergleichbaren Gedichtsammlungen. Die Gedichte
3 bis 6 sind der Gottesmutter Maria gewidmet, die Nummern 7 und 8 sind poetische
Briefe : In Nr. 7 freut sich Maria, einen Brief von einem Jünger bekommen zu haben, der
sich reuig zeigt ; sie weist ihm den Weg zu einem gottgefälligen Leben. In Nr. 8 antwor-
tet der Jünger auf das erbauliche Schreiben. Es folgen zwei kürzere Elegien, die sich um
bestimmte Heilige drehen : Der Hl. Stanislaus Kostka fleht die Muttergottes an, ihn zu
berufen (Nr. 9), den Hl. Kassian martern in Brixen seine Schüler mit Schreibwerkzeugen
zu Tode (Nr. 10). Die nächsten beiden Gedichte wenden sich an König Salomon, der
zum öffentlichen Preis Gottes einen Tempel bauen (Nr. 11) bzw. einsehen soll, dass Gott
mächtiger als alle Fürsten der Erde ist (Nr. 12). Die letzten drei geistlichen Elegien sind
eine Klage des Jeremias über den Untergang Jerusalems (Nr. 13), ein Preis der Freuden des
Himmels gegenüber der traurigen Lage auf der Erde durch den Hl. Ignatius von Loyola
(Nr. 14) sowie das Flehen des Jacopo Sannazaro, Christus möge den verkommenen Sitten
seiner Zeit ein Ende bereiten (Nr. 15).
Während das erste aus der Gruppe der weltlichen Gedichte eine allgemeine Aufforde-
rung an die Jugend ist, sich der Dichtung zu weihen, werden in der zweiten Elegie Vergil
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322