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932 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Florian
Schwenninger
Versuche
Schiller-
Übersetzung was der Dichter sehr bedauert. Da vertreibt Kaiser Franz die feindlichen Drohnen
und leitet ein Goldenes Zeitalter für die Bienen ein. Die Allegorie ist wohl so auf-
zulösen, dass die Drohnen mit den Franzosen gleichzusetzen sind, die sich in Tirol
bereicherten ; Kaiser Franz aber soll dem Land lassen, was es selbst erarbeitet hat.
Weniger stark politische Züge zeigen die nun zu behandelnden Gedichte des Ti-
roler Benediktiners Florian Schwenninger OSB (1809–1868), der eine bemerkens-
werte Karriere machte. Als Martin Schwenninger in Innsbruck geboren, studierte er
ebendort und in Brixen Philosophie und Theologie, ehe er in Stift Fiecht eingekleidet
wurde. Nach seiner Priesterweihe 1832 hatte er verschiedene Aufgaben im Kloster,
übersiedelte aber 1844 in die Vereinigten Staaten, wo er an unterschiedlichen Orten
als Pfarrer wirkte. Er starb 1868 in Marysville (Kalifornien) (ÖBL 12, 48–49).
Aus seiner Tiroler Zeit stammen zwei Werke, die sich im Archiv des Stiftes Fiecht
erhalten haben. Neben einer weniger interessanten Sammlung von Exzerpten aus
den Kirchenvätern zum Hl. Laurentius13 interessieren hier v.a. seine poetischen Ver-
suche : Hs. 103 des Stiftsarchives ist eine Mappe mit diversen Gedichten Schwen-
ningers, denen der Übertitel „Versuche“ gegeben wurde. Zwischen den großteils
deutschen Gedichten finden sich auch sechs lat.: ein Abschiedsgedicht in acht ele-
gischen Distichen (S. 12–13), ein Distichon auf einen Schwätzer (S. 20), ein Rätsel
(S. 22), eine rhythmische Übersetzung der Verse 25–32 von Schillers Das Siegesfest
(S. 23), rhythmische Verse (S. 31) und ein Jubelruf auf Bischof Vinzenz Gasser in 21
Adoneen (S. 111). Die Gedichte sind durchwegs datiert und entstanden zwischen
1826 und 1832. Schwenninger zeigt, dass er sowohl in der klassischen lat. Metrik
als auch in der im 19. Jh. immer beliebteren rhythmischen Dichtung bewandert ist.
Als Beispiel stellen wir das „Bruchstück aus Schillers Siegeslied, übersetzt 1826“
(S. 23) den Schiller’schen Originalversen gegenüber – eine lat. Fingerübung, deren
Reiz darin besteht, das deutsche Versmaß, den trochäischen Dimeter, und den Reim
im Lat. zu bewahren (zu lat. Schiller-Übersetzungen im 19. Jh. vgl. Oertel 2009) :
Und den hohen Göttern zündet
Kalchas jetzt das Opfer an.
Pallas, die die Städte gründet
Und zertrümmert, ruft er an,
Und Neptun, der um die Länder
seinen Wogengürtel schlingt,
Und den Zeus, den Schreckensender
Der die Ägis grausend schwingt. Dîs, qui coeli habent ima
Calchas aras inflammat.
Palladem, quae ponit prima
Et diremit, invocat
Et Neptunum, qui aquarum
Terris pandit cingula,
Iovem, terror qui terrarum
Fert tremendus Aegida.
13 Laus sancti Laurentii ex sanctis patribus („Lob des Hl. Laurentius, gesammelt aus den Kirchenvä-
tern“ ; Fiecht, Cod. 144). Das Werk umfasst 18 Seiten.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322