Seite - 1002 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Bild der Seite - 1002 -
Text der Seite - 1002 -
1002 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Dissertatio
de iure territorii ĂĽbrigen Professoren auf ihre Orthodoxie zu ĂĽberwachen. Bei seinem Tod hinterlieĂź
er ein vielseitiges wissenschaftliches Ĺ’uvre.3
Aus diesem sei eine Schrift vorgestellt, die in der Spätphase der weltlichen Herr-
schaft der Kirche nochmals versucht, diese auf eine feste dogmatische Grundlage zu
stellen, nämlich die Dissertatio de iure territorii praesulum ecclesiasticorum („Erörte-
rung über das Territorialrecht geistlicher Fürsten“ ; Innsbruck 1776). Das Ignaz von
Spaur (vgl. Farbtafel 20), dem Koadjutor des Bischofs von Brixen, gewidmete Werk
befasst sich mit dem Verhältnis der Kirche zu Macht und Besitz und verteidigt die
Rechte geistlicher Fürsten gegen die Säkularisierungsbestrebungen der Zeit.
Jägers Ziel ist es, wie er einleitend erklärt, aufzuzeigen, dass die territoriale Gewalt geist-
licher FĂĽrsten der Kirche nicht nur nicht schadet, sondern sogar sehr nĂĽtzt. Zwischen
geistlicher und weltlicher Macht besteht fĂĽr ihn kein Gegensatz, vielmehr bedingen sich
spirituelles und weltliches Glück gegenseitig (§§ 1–3). Diese Thesen versucht er anhand
historischer, v.a. aber biblischer Exempel zu beweisen. Am Beginn stehen Beispiele fĂĽr
die Vereinigung der Gewalten aus dem AT, etwa Moses als weltlicher Richter (Ex 18) und
zugleich als Priester (Ex 40 ; Lev 8). Es folgt die Erläuterung ausgewählter Stellen aus dem
NT, wobei sich Jäger hier darauf konzentriert, mögliche Gegenargumente zu entkräften.
So wird z.B. Lk 14,33 („So kann auch keiner von euch, der nicht allem entsagt, was er
hat, mein Jünger sein.“) so gedeutet, dass nicht der sofortige Verzicht auf weltliche Güter,
sondern nur die Bereitschaft gefordert sei, im Ernstfall die geistlichen höher zu schätzen.
Christus habe nicht das Wesen, sondern nur bestimmte Arten der Herrschaft verurteilt
(§§ 4–6). Zu ähnlichen Ergebnissen führen Zitate aus den Kirchenvätern, aus denen Jäger
schlieĂźt, weltliche Macht sei im Priestertum zwar nicht enthalten, begleite dieses jedoch
(§§ 7–8). Auch eine Erklärung, die Papst Nikolaus I. (reg. 858–867) dem byzantinischen
Kaiser Michael III. (reg. 842–867) gegeben habe, dass nämlich dem Papst seine weltlichen
Rechte zwar nicht von Christus selbst ĂĽbertragen worden seien, es aber seinem Amt nicht
widerspreche, sie rechtmäßig auszuüben, weist in dieselbe Richtung (§ 9). Da Gott nicht
verhindert habe, dass die Kirche Reichtum ansammelt, könne dies ihrem Wesen nicht
grundsätzlich widersprechen, auch wenn es an und für sich besser wäre, die Geistlichen
könnten sich ganz den spirituellen Angelegenheiten widmen (§ 10). Im Übrigen gälten
materielle Gaben stets der Kirche als ganzer, nicht ihren Vertretern. Ein gewisser Aufwand
für kultische Handlungen, wie er v.a. im AT an vielen Stellen belegt sei, erhöhe deren
Attraktivität. Um mit Papst Pius II. zu sprechen : Ecclesiam qui nunc pauperem esse cupi-
unt, extinctam religionem volunt. (S. 95 ; „Jene, die wünschen, dass die Kirche jetzt arm
sei, wollen die Religion erloschen wissen.“) Fazit : Die Gemeinsamkeit von weltlicher und
3 Probst 1869, 212–214 ; Hurter 5, 658 ; Haidacher 1952, 320–321, 384, 405–409 ; Mitterbacher
1962, 225 ; Brandl 1969, 99–103 ; Coreth 1995, 27, 39–40.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322