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1008 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Steger, Epitome verständlich die Tradition, als deren Trägerin die Kirche erscheint (75). Deren Hei-
ligkeit, Katholizität im Sinne eines universalen Verkündigungsauftrags und Aposto-
lizität als Ausdruck ihrer hierarchischen Struktur werden stark betont. Das Wesen
ihrer Hierarchie ergebe sich aus ihren Aufgaben (80–82) : magisterium („Lehramt“),
ministerium („Weiheamt“), imperium („Leitungsamt“). Aus der Sonderstellung
Petri leitet Ploder den Primat des Bischofs von Rom ab (84–92). Was das Lehr-
amt betrifft, stehen Autorität und Unfehlbarkeit der Kirche für ihn außer Zweifel
(93–114). Sein Bestreben, das Kirchenvolk zu disziplinieren, kann ihn sogar zu
unerwarteten Allianzen verleiten : Wenn er abschließend betont, die Bösen müssten
durch die Androhung jenseitiger Strafen im Zaum gehalten werden, untermauert
er das mit einem Zitat aus Kants Religion innerhalb der Grenzen der bloĂźen Vernunft
(zweites Stück, erster Abschnitt, Anm. 25) : „Würde gelehrt, dass die Höllenstrafen
endliche Strafen sein werden, so ist zu befĂĽrchten, dass manche sagen wĂĽrden, so
werde ich es aushalten können“ (395).
Ähnlich wie in den Klöstern wurde die Glaubenslehre in der ersten Hälfte des
19. Jhs. auch am Priesterseminar in Brixen präsentiert, wie ein Werk des Johann
Steger (1807–1881) aus St. Martin in Gsies zeigt. Der 1831 zum Priester geweihte
Steger war am Brixner Seminar zunächst von 1833 bis 1837 Präfekt, ehe er dort
die Professur fĂĽr Dogmatik ĂĽbernahm. Dieses Fach lehrte er bis 1848, als er De-
kan von Flaurling wurde. 1858 erhielt er ein Kanonikat in Brixen. Bei seinem Tod
war er Dekan des Domkapitels (Gelmi 2007, 186). Seine Lehrtätigkeit in Brixen
schlug sich in einer 1839–1842 entstandenen vierteiligen Hs. mit dem Titel Epi-
tome theologiae dogmaticae publicis praelectionibus accommodata („Für öffentliche
Vorlesungen zurechtgemachter Auszug aus der dogmatischen Theologie“ ; SEM, 8
Dogm 307–1–2) nieder. Das Opus ähnelt stark demjenigen Ploders und muss hier
deshalb nicht mehr als Ganzes vorgestellt werden. Es seien nur kurz die einleiten-
den Passagen betrachtet, die gut zeigen, wie Steger Dogmatik versteht und unter-
richtet : Der Versuch, den Begriff „Theologie“ zu definieren, mündet in didaktischer
Reduktion in die prägnante Formulierung cognitio religionis erudita seu illius scientia
(2 ; „gelehrtes Erkennen der Religion oder Wissenschaft von ihr“). Einteilen lasse
sich die Theologie in einen theoretischen (Dogmatik) und einen praktischen Teil
(Moral, wozu Steger auch Aszetik, Mystik, Pastoral und Kirchenrecht zählt ; 3).
Während Dogmatik und Moral vormals wegen ihrer engen Verbindung gemein-
sam behandelt worden seien, pflege man sie nunmehr getrennt darzustellen. Die
vornehmste theologische Subdisziplin sei die Dogmatik. Die Vernunft sei zwar als
systembildende Kraft fĂĽr den Theologen durchaus von Bedeutung, doch Grund-
voraussetzungen für eine sinnvolle Beschäftigung mit der Dogmatik seien in erster
Linie FleiĂź und Liebe zu Gott. Dazu komme jene Demut, die sich in einer ange-
messenen Einschätzung der Rolle der Kirche für das Verständnis der Offenbarung
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322