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1030 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Vorlesungsbücher
und -skripten :
Joseph Stapf frigidae immittat ? 3) Humorem iusto neque parciorem neque copiosorem : quis ergo solum aut
nimis humidum aut nimis siccum conserat ? 4) Solum neque spissius neque laxius : quis ergo
semen glebae aut constrictae aut laxae admodum inferat etc. ?
Nicht jeder Boden ist für die Aussaat gleich geeignet : Denn damit der Samen heraus-
kommt und wächst, braucht er 1) Nahrung oder nährenden Saft : Wer würde ihn schon in
einen mageren oder erschöpften Boden geben ? 2) Die richtige Mitte zwischen Hitze und
Kälte : Wer würde ihn schon in eine allzu heiße oder allzu kalte Erde werfen ? 3) Feuch-
tigkeit, die das rechte Maß weder unter- noch überschreitet : Wer würde schon auf einem
entweder zu feuchten oder zu trockenen Boden säen ? 4) Einen weder zu dichten noch zu
lockeren Boden : Wer würde den Samen schon in eine zu kompakte oder eine zu lockere
Scholle geben usw. ?
Ganz kurz noch zu einem anderen Typ universitären Schrifttums auf Lat., Vorle-
sungsbüchern und -skripten. Diese Schriften werden nicht regelmäßig produziert
und nur wenige Beispiele sind überliefert. Das letzte stammt aus dem Jahr 1805
(s.u.). Sie unterscheiden sich in der Behandlung der Gegenstände, einmal abgese-
hen von einem insgesamt komplexeren und systematischeren Aufbau, nicht we-
sentlich von längeren Dissertationen. Es lässt sich aber an zwei Beispielen zeigen,
dass die lat. Sprache auch in diesem Bereich mittlerweile problematisch gewor-
den ist. Das erste Beispiel sind die lat. Vorlesungsmanuskripte, die Joseph Stapf
(1762–1809 ; vgl. Attlmayr 1969), ein Schüler des gleich zu erwähnenden Franz
Seraphin von Zallinger und der Inhaber der 1792 eigens für ihn geschaffenen
Lehrkanzel für praktische Mathematik, hinterlassen hat (TLMF, FB 20107). Statt
„praktischer Mathematik“ würden wir heute eher „Technik“ oder „Ingenieurswis-
senschaft“ sagen, und so gilt Stapf als Begründer der technischen Studienrich-
tungen an der Universität Innsbruck, wenn seine Lehrkanzel auch mit seinem
Tod vorläufig einging. Seine Skripten gliedern sich in zivile und militärische Ar-
chitektur, Astronomie, Differential- und Infinitesimalrechnung, Geometrie, Hy-
drostatik und Hydraulik, allgemeine und spezielle Physik, Distanzmessung von
Gestirnen und Sonnenuhren. Dem Inhalt dieser Manuskripte gerecht zu werden,
ist hier nicht der Ort. Hingewiesen sei nur auf das Paradox, dass der ganz dem
Utilitarismus der Aufklärung anhängende Stapf sie zwar nach der Wiedereinfüh-
rung des Lat. als Unterrichtssprache durch Leopold II. auf Lat. verfassen und
vortragen musste, dabei aber ein erklärter Feind dieser Praxis war. Als er sich 1806
von der bayerischen Administration größere Reformbereitschaft versprach, veröf-
fentlichte er Freimüthige Gedanken über Verbesserung der philosophischen Lehran-
stalt, in denen er u.a. das „unvergessliche Beispiel“ Josephs
II. hervorhebt und die
vollständige Wiedereinführung der deutschen Unterrichtssprache fordert, „um
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322