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1032 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Mitschriften
Botanik :
Laicharding
Lechleitner
und die
„Tiroler Schule“ Dennoch wurden Vorlesungen noch zu dieser Zeit nicht nur lat. gehalten, son-
dern von den Studenten auch so mitnotiert. Das zeigen etwa die auf 1803 datierten
Mitschriften eines Josef Renn mit dem Titel Mathesis adplicata. Ex praelectionibus
Domini professoris de Zallinger („Angewandte Mathematik. Nach den Vorlesungen
des Herrn Professor von Zallinger“ ; TLMF, W 586).
SchlieĂźlich soll mit der Botanik noch kurz eine Disziplin zu Sprache kommen,
die, zumindest was die ihr gewidmeten Schriften angeht, mit dem Universitätsbe-
trieb eher indirekt zu tun hat. Im vorliegenden Zusammenhang ist sie v.a. insofern
interessant, als ihre lat. Fachsprache sich erst im 18. und frĂĽhen 19. Jh. voll aus-
bildete (wobei Carl von Linné eine entscheidende Rolle spielte ; vgl. Stearn 1966,
14–50) ; selbst im 20. Jh. erschienen noch wichtige botanische Werke auf Lat. (vgl.
hier S. 1153–1154). Als Fach wurde die Botanik in Innsbruck seit 1775 an der
medizinischen, seit 1792 im Rahmen der Naturgeschichte an der philosophischen
Fakultät gelehrt. Auch der wichtigste Botaniker dieser Epoche war ein Professor der
Naturgeschichte : Es handelt sich um Johann Nepomuk von Laicharding (1754–
1797), der auf dem betreffenden Lehrstuhl, den er 1792–1797 innehatte, 1793
den ersten botanischen Garten in Innsbruck anlegen lieĂź ; daneben war er auch ein
bedeutender Entomologe (vgl. di Pauli 1834). Seine botanischen Schriften hän-
gen jedoch nicht unmittelbar mit dem universitären Unterricht zusammen. Sein
Hauptwerk sind die zwei Bände und über 1300 Seiten umfassenden Vegetabilia
Europaea in commodum botanicorum per Europam peregrinantium ex systemate plan-
tarum Caroli a Linné collecta et novis plantis ac descriptionibus adaucta („Gewächse
Europas, zum Nutzen durch Europa reisender Botaniker auf Basis des Pflanzensys-
tems des Carl von Linné gesammelt und durch neue Pflanzen und Beschreibungen
erweitert“), die 1790–1791 in Innsbruck erschienen. Wie schon der Titel erklärt,
bauen sie in damals nicht unüblicher Manier auf dem großen Lehrgebäude Linnés
auf und bieten Ergänzungen dazu. Die einzelnen Pflanzen werden streng nach der
Linnéschen Systematik aufgelistet und beschrieben. Es spricht für den Erfolg der
Vegetabilia, dass drei Jahre später in Innsbruck und Leipzig eine (immer noch gut
600 Seiten starke) Kurzfassung mit dem Titel Manuale botanicum („Botanisches
Handbuch“) erscheinen konnte. Dass Laicharding sich auch für die lokale und
regionale Flora interessierte, bezeugen seine nur hs. erhaltenen Plantae in rupibus,
montibus et alpibus Austriae crescentes („Pflanzen, die auf den Klippen, Bergen und
Almen Österreichs wachsen“ ; TLMF, FB 20818) aus dem Jahr 1797.
Die akademische Philosophie in Tirol rezipierte und akzeptierte neue Trends i.A.
zwar oft verzögert, aber schlussendlich doch. In den Klöstern war das z.T. ähnlich,
aber nicht immer so selbstverständlich. Mit dem Kapuziner Iuvenalis Annaniensis
(vgl. hier S. 848) haben wir in der letzten Epoche ein Beispiel kennen gelernt, wie
man ein bedeutendes philosophisches Werk unter Ignorierung der neuen Philoso-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322