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1034 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
aufgehoben wurde, erhielt er eine Stelle als Hofkaplan in Brixen. In dieser Zeit
waren auch die Tiroler Klöster aufgehoben. Als sie nach dem Ende der bayerischen
Herrschaft wiederrichtet wurden, war Lechleitner 1816 – damals bereits 52-jährig
– unter den ersten fünf Novizen, die in das Zisterzienserstift Stams eintraten. 1817
legte er die OrdensgelĂĽbde ab und widmete sich in den folgenden Jahren wieder der
Seelsorge. 1824 lehrte er aushilfsweise Religionswissenschaft an der Universität Inns-
bruck, 1826 Moraltheologie im Stift Wilten. DarĂĽber hinaus fand er nun Zeit, sich
als Schriftsteller zu betätigen. 1820 ließ er den ersten Band seiner Philosophia theore-
tica („Theoretische Philosophie“) in Bozen drucken, von 1824 bis 1829 die weiteren
drei Bände des Werkes in Innsbruck. Die Abfassung einer ebenso umfangreichen
Philosophia practica („Praktische Philosophie“) wurde durch die Gebrechlichkeit sei-
nes Alters verhindert. Er konnte aber 1838 noch einen zusammenfassenden Band in
Innsbruck veröffentlichen : Philosophia practica – Ius naturae („Praktische Philoso-
phie – Naturrecht“). Lechleitner stand mit zwei führenden konservativen Denkern
seiner Zeit in brieflichem Kontakt, dem katholischen Publizisten und Universitäts-
professor Joseph Görres (1776–1848) sowie dem Vordenker der politischen Restau-
ration Karl Ludwig von Haller (1768–1854).7 Görres trug durch seine Anregung
einer deutschen TeilĂĽbersetzung der Philosophia theoretica und durch seine ausfĂĽhrli-
che Einleitung zu dieser Ăśbersetzung auch maĂźgeblich zu einer breiteren Wahrneh-
mung von Lechleitners Werk bei. Lechleitner starb 1840 im Stift Stams.
Die vier Bände der Philosophia theoretica sind der Logik (Bd. 1) und der Metaphysik (Bd.
2–4) gewidmet. Der schlicht Logica („Logik“) betitelte erste Band soll die Grundlagen für
Lechleitners eigentliches Anliegen, die als höchstes Ziel der Metaphysik geltende philoso-
phische Gotteserkenntnis, schaffen. In Lechleitners spezifischer Fragestellung mĂĽndet die
Erkenntnislehre, die die Logik darstellt, schon in einem Vorverständnis seines Begriffs von
Gott als letzter und die Erkenntnis selbst begrĂĽndender Denkregel. Eine allgemeine Ein-
leitung bringt eine Definition von Wissenschaft und Philosophie sowie eine Vorstellung
von Grundbegriffen wie z.B. den aristotelischen Kategorien. Dann folgen sechs Sektionen
zu folgenden Themen : 1. allgemeine Kraft und Möglichkeit menschlicher Erkenntnis ;
niedrigere und höhere Erkenntniskräfte ; 2. Arten der Erkenntnis : intuitiv, sinnlich, allge-
mein-ideenhaft ; 3. Bezeichnung allgemeiner Ideen, ihre Aussprache und ihre Fassung in
logische Argumente (z.B. Syllogismen) ; 4. Hilfsmittel der Erkenntnis : innerer Sinn (sensus
intimus), Erfahrung, begrĂĽndeter Glaube, Evidenz, gesunder Menschenverstand, Analogie
und Hypothese ; 5. erste und absolute Regel des Denkens, von der alles abhänge : Gott ;
6. Reaktionen des Geistes auf die Wahrheit : Gewissheit, Wahrscheinlichkeit, Zweifel.
7 Zu Lechleitner und Görres s.u.; zu Lechleitner und Haller vgl. Roggen 1999, 142–144, sowie hier
Anm. 8.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322