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1074 Von der Revolution 1848 bis heute
Tirol
Kulturkampf zeitigte bald eine immer stärker werdende nationale Spielart, die dem Lat. ebenfalls
stark zusetzte, am explizitesten vielleicht bei der preußischen Schulkonferenz von
1890, wo Kaiser Wilhelm II. von der Erziehung „junge Deutsche […] und nicht
junge Griechen und Römer“ forderte.
Viele dieser Strömungen erreichten Tirol allerdings abgeschwächt und verspätet ;
der Nationalismus erfuhr zudem an dieser Nahtstelle zwischen deutscher und ita-
lienischer Kultur spezielle Ausprägungen. Schon die Ereignisse des Frühjahrs 1848
fanden in Tirol nur mäßige Resonanz, am ehesten im intellektuellen Bürgertum. Es
ist nur bezeichnend, dass der Kaiser in Innsbruck Schutz suchte und fand. Verstär-
kend kam hier die Nähe des italienischen Kriegsschauplatzes hinzu, wo die Erfolge
Radetzkys ohnehin die kaiserliche Sache stützten, wo sich aber auch der revoluti-
onäre Impetus vornehmlich nationalistisch äußerte und zu Angriffen italienischer
Insurgenten auf den Süden Tirols führte, die von den Tiroler Schützen und regu-
lärem österreichischen Militär abgewehrt werden konnten. Erneute Angriffe auf
Welschtirol im Gefolge der Kriege von 1859 und 1866 blieben ebenfalls erfolglos,
die österreichischen Niederlagen allerdings wirkten sich nachhaltig auf die innere
Lage aus, denn sie führten nach einer kurzen neoabsolutistischen Phase erneut und
nun auf Dauer zu Verfassungsdiskussionen mit den üblichen Parteiungen und Ideo-
logien.
Im Tiroler Landtag behielten, anders als im Wiener Reichsrat, die katholisch-
konservativen Kräfte lange ein Übergewicht über die liberal-progressiven, was sich
kulturpolitisch besonders deutlich im Widerstand gegen die Toleranz gegenüber
den Protestanten und gegen das erwähnte Reichsvolksschulgesetz äußerte. Dieser
reichte bis zu Handgreiflichkeiten gegen Organe staatlicher Schulaufsicht in ver-
schiedenen Tiroler Gemeinden ; erst 1892 konnte ein entsprechendes Landesschul-
gesetz verabschiedet werden. So hatte denn auch Tirol seinen Kulturkampf, der
etwa 1876 in einer Selbstauflösung des Landtags als Reaktion auf die ministerielle
Genehmigung zweier protestantischer Kirchengemeinden in Innsbruck und Meran
gipfelte. Herausragende Proponenten dieses Kulturkampfes, der natürlich auch vor
der Innsbrucker Universität nicht haltmachte, waren der Brixner Fürstbischof Vin-
zenz Gasser (1809–1879) auf konservativer und der Bozner Bürgermeister Joseph
Streiter (1804–1873) auf liberaler Seite.
Gegen Ende des 19. Jhs. verschoben sich die Fronten, auch durch innere Verän-
derungen in beiden Lagern. Den starren Klerikalkonservativismus unterwanderten
christlich-soziale Strömungen, der Liberalismus andererseits färbte sich zunehmend
nationalistisch, blieb dabei aber antiklerikal bzw. antirömisch. Die andernorts er-
starkende Arbeiterbewegung fand in Tirol hingegen wenig Resonanz. Wichtigste
Folge eines nun freieren und ausgeglicheneren politischen Klimas, als dessen be-
deutendster Repräsentant der langjährige Landeshauptmann Theodor Kathrein
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322