Seite - 1075 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
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Epochenbild 1075
Bildungswesen
Literatur, Kunst
Lat. auf dem
Rückzug
Erster Weltkrieg,
Teilung Tirols
(1842–1916) gelten kann, war die Öffnung des Landes mit positiven Wirkungen
für seine Kultur und Wirtschaft. Diese Öffnung erfolgte konkret durch neue Ver-
kehrswege in Form von Straßen und Eisenbahnen, aber auch durch den Tourismus,
der fremde Menschen und neue Perspektiven ins Land brachte. Reformen in der
Landwirtschaft und verstärkte Industrialisierung führten zu einem Wirtschaftsauf-
schwung, der auch im geistigen Bereich nach der Stagnation des Kulturkampfes
neue Kräfte frei machte.
Rasch erstarkte das Bildungswesen, die Innsbrucker Universität, die ab 1869
nach Wiedereinrichtung der medizinischen wieder über die vier klassischen Fakul-
täten verfügte, zog nun Gelehrte und – besonders in der wieder von den Jesuiten
geführten Theologie – auch Studierende von weither an, für die Mediziner wurden
neue Gebäude geschaffen, und zwischen 1914 und 1924 entstand auch das neue
Hauptgebäude am Innrain. In den Gymnasien setzten die Behörden die Anstellung
geprüfter Lehrpersonen und damit eine beträchtliche Qualitätssteigerung durch.
Auch Literatur und Kunst fanden Anschluss an die internationale Entwicklung.
Ein Pionier war der liberale Adolf Pichler (1819–1900), in dessen Nachfolge sich
um die Jahrhundertwende der Dichterkreis „Jung-Tirol“ herausbildete. Franz Kra-
newitter und Karl Schönherr lieferten bedeutende Beiträge zum deutschen Drama,
die 1902 in Innsbruck gegründete „Exl-Bühne“ wirkte beispielgebend und be-
fruchtend auf ein niveauvolles Volksschauspiel. Ganz dicht am Puls neuer geistiger
Strömungen befand sich Ludwig von Ficker, der ab 1910 die Halbmonatsschrift
für Kunst und Kultur, den Brenner, herausgab, in dem er u.a. auch die avantgar-
distischen Gedichte Georg Trakls publizierte. Auch die bildende Kunst, die sich
v.a. nach München ausrichtete, stand hier nicht nach, wobei sich analog zur dra-
matischen Kunst ein fließender Übergang zu populären und kunsthandwerklichen
Zweigen ergab. Schöne Belege hierfür liefern etwa bis heute ansprechende Plakate
und Prospekte für die Tiroler Tourismuswerbung.
Es versteht sich fast von selbst, dass in dieser allgemeinen und breit gefächerten
Aufbruchsstimmung das Verfassen lat. Texte als nicht mehr zeitgemäß empfunden
wurde. Das Lat. zog sich daher noch mehr in Residuen zurück, zu Vertretern der
katholischen Kirche und in einige Winkel der Wissenschaft, auch hier vornehm-
lich in solche der Theologie. Dort blieb etwa in der Dogmatik Lat. noch bis in
die späten 1960er-Jahre Vorlesungssprache, während es in den meisten anderen
Disziplinen schon seit der josephinischen Ära zunehmend durch Deutsch ersetzt
worden war.
Die Katastrophe des Ersten Weltkrieges zerstörte nicht nur die Monarchie, son-
dern auch das über mehr als ein halbes Jahrtausend gewachsene regionale Gebilde
Tirols. Die längst erhobene Forderung der Trentiner nach Autonomie hatte um
1900 einer Teilerfüllung nahe geschienen, als man an eine italienische Sektion der
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322