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Dichtung 1095
Divi modulamina
cantus precesque
piae
die Samen der christlichen Lehre in die Beete pflanzen, damit sie prächtig aufge-
hen und schlussendlich ins Paradies verpflanzt werden können (Teil 2) ; schließlich
sollen in einem Heiligenkalender Beispiele besonders erfolgreicher ‚Gärtner‘ zur
Nachahmung gegeben werden (Teil 3). Die drei Teile haben jeweils ihre eigene
Seitenzählung (272 + 207 + 128 Seiten) und ein eigenes Titelblatt.
Der erste Teil heißt Divi modulamina cantus precesque piae („Melodien göttli-
chen Gesangs und fromme Gebete“). Er ist der Frömmigkeitsübung gemäß dem
Ablauf der christlich gegliederten Zeit gewidmet und in die Sektionen Tag, Woche,
Monat und Jahr unterteilt. Die Sektionen zum Tages- und Jahreslauf folgen in ih-
rer Grundstruktur einem Stundenbuch bzw. den Festen des Kirchenjahrs (letztere
weiter geordnet nach der Anbetung Gottes, der Verehrung Marias und der Vereh-
rung der Heiligen). Diese Sektionen inkorporieren, manchmal leicht verändert,
das Material von Oberkoflers Libellus. Der erste Hymnus im Libellus beginnt z.B.
mit der Strophe Solis luce veni ! / Stilla ros de coelis / In zephyro leni / Advolare velis !
(„Aus dem Licht der Sonne komme, lass Tau aus dem Himmel tropfen. In einem
sanften Westwind mögest du heranfliegen !“) und ist allgemein für die Adventszeit
vorgesehen. Im Florale finden wir den Hymnus mit anderer Zeilenanordnung –
jeweils zwei Kurzzeilen sind zu einer Langzeile zusammengezogen – unter dem 2.
Adventsonntag des Jahreslaufs eingeordnet (171). Darüber hinaus fügt das Florale
aber noch viel Neues hinzu, neben Dichtung auch Prosaabschnitte, die dem Le-
ser Gebete und geistliche Meditationen vorgeben. Fast zur Gänze in Prosa ist die
Sektion zum Monatslauf, in der für jeden Tag eine Meditation über ein durch
einen Bibelvers eingeleitetes Thema ausgeführt wird ; nur am Ende finden sich
Aperçus zur Passion Christi in elegischen Distichen. Die Sektion zur Einteilung
der Woche folgt einer der in der christlichen Tradition wechselnden Zuordnungen
heilsgeschichtlicher Themen (meist Personen) zu den einzelnen Wochentagen (vgl.
dazu z.B. Jungmann 1957 ; Schreiber 1959). Das hier verwendete Schema – Sonn-
tag : Trinität ; Montag : Hl. Geist ; Dienstag : Schutzengel ; Mittwoch : Hl. Joseph ;
Donnerstag : Hl. Sakrament ; Freitag : Passion Christi ; Samstag : Maria – stimmt
vielleicht nicht zufällig genau mit jenem des (deutschen) Volkslieds Ave Maria
überein, das in Ludwig Erks populären Deutschen Liederhort aus dem Jahr 1856
eingegangen ist (Nr. 203). Insgesamt ergibt sich so ein buntes Prosimetrum, in
dem einerseits Anleitungen, traditionelle Gebete (z.B. die Lauretanische Litanei
S. 97–98) und meditative Übungen in Prosa, andererseits Gebete, Hymnen und
Meditationen in Versen stehen. Als Vorbilder sind u.a. das den Priestern wohlver-
traute Breviarium Romanum und die darin enthaltenen Hymnen (vgl. dazu z.B.
Schulte 1920), die christliche Hymnik i.A., Meditationsliteratur vom Typ der ig-
natianischen Exerzitien sowie diverse volkstümliche Gebetbücher zu nennen – von
Letzteren scheint übrigens auch der Titel Florale inspiriert, denn ‚blumige‘ Titel
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322