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Prosa 1123
Dander,
Summarium
Weise möglich, durch motiva credibilitatis (VI ; „Gründe für die Glaubwürdigkeit“). Als
solche kämen Wunder und das Zeugnis der Kirche in Frage. Angesichts des Umstands,
dass nicht alles, was geglaubt werden könne, auch geglaubt werden müsse, bedürfe es au-
ßerdem des iudicium credenditatis (VI ; „Einsicht, dass der Glaube notwendig ist“). Dazu
könne man auf vorwissenschaftliche, vulgäre Art gelangen wie Kinder, die gewohnheitsmä-
ßig und gedankenlos dem Beispiel ihrer Eltern folgten, oder theologisch Ungebildete, aber
auch auf wissenschaftlichem Weg durch philosophische Erkenntnis. Dieser Weg sei der
bessere, weil nur wissenschaftliche Erkenntnis auch Gegenargumenten gewachsen sei und
verschiedene Wahrheiten in ein System bringen könne. Gleichwohl weist Lercher auch
den vorwissenschaftlichen Zugang zum Glauben nicht völlig zurück, denn immerhin er-
mögliche er die Erfahrung des influxus sanctificans (VII ; „heiligender Einfluss“) der Kirche
an der eigenen Person. Besser sei es indes, wenn das Studium der motiva credibilitatis zur
Einsicht führe, dass der Glaube notwendig sei.
Die zuletzt ausgesprochene Erkenntnis ist die des Philosophen. Lercher betont aber
auch, dass die Glaubensfrage nicht mit einem Syllogismus lösbar sei, der lauten würde :
Das von Gott Geoffenbarte ist wahr, die Kirche ist als Hüterin dieser Wahrheit unfehlbar,
also ist das von der Kirche Vertretene wahr. Denn der Mensch habe die Freiheit, die Prä-
missen auch nicht anzunehmen. Zum Glauben gehöre auch ein Akt des Willens, wobei
unterstützend die Gnade dazukomme. Nur das Studium der Theologie allein stärke den
Glauben nicht, es müsse eine entsprechende ethische Disposition gegeben sein. Außerdem
gehöre es zur Verkündigung, die Qualität des Glaubens durch die Tat zu beweisen (VII–
VIII).
Der Begriff „Apologie“ ist für Lercher nicht synonym mit „Verteidigung“, sondern er
ist ein Aspekt der Fundamentaltheologie, also der mit der Vernunft arbeitenden Wissen-
schaft ; er ist positiv besetzt und bedeutet nicht die Zurückweisung von Gegenargumenten
(VIII). Die spezielle Dogmatik hingegen arbeite mit dem Glauben, und zwar unabhängig
von der Fundamentaltheologie. Den Idealfall stelle die parallele Beschreitung beider Wege
dar (IX).
Ein wenngleich viel jüngerer Weggefährte Ludwig Lerchers war Franz Dander
(1901–1991) aus Mies (Westböhmen). 1924 in Innsbruck zum Priester geweiht
und 1925 ebendort zum Doktor der Theologie promoviert, trat er im selben Jahr
in den Jesuitenorden ein. 1927–1932 hielt er an der Universität Innsbruck Vorle-
sungen aus Ethik und Theodizee sowie über Thomas von Aquin. 1932–1968 leitete
er – mit einer Unterbrechung während des Zweiten Weltkrieges, als die Innsbrucker
theologische Fakultät nach Sion im schweizerischen Wallis ausweichen musste (vgl.
Coreth 1995, 116) – das Theologenkonvikt Canisianum. Als akademischer Lehrer
war er 1935–1967 für die Dogmatik zuständig. Seine Bedeutung für Theologie und
Kirche liegt in seinem Versuch, die scholastische Schultheologie für die Verkün-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322