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Prosa 1127
Thomismus
Mensch und
Gesetz
Pflichten
gegen Gott
rere Aufsätze für die Linzer Quartalschrift sowie Kasuslösungen (Hohenegger, Bd. 2,
515, 655–656 ; Neuner 1929, 74–75). Sein Hauptwerk ist jedoch das zweibändige,
über 800 Seiten umfassende Compendium theologiae moralis („Zusammenfassende
Darstellung der Moraltheologie“ ; Meran 1889). Im Untertitel und im Vorwort er-
klärt er, sein Werk sei eine Kompilation aus anerkannten Autoren ; neue Gedanken
wolle er nicht entwickeln. Aussparen wolle er auch, was an den bischöflichen Se-
minaren Österreichs in den Fächern Pastoraltheologie und Kirchenrecht gelehrt
werde. Aufmerksam registriert er rezente Forschungsergebnisse : Von rund 40 in
einem Literaturverzeichnis aufgelisteten Arbeiten, darunter auch deutschen, gehö-
ren mehrere dem 18., die meisten dem 19. Jh. an ; neben Theologica scheinen auch
Studien zu profanen Wissenschaften, z.B. zur Medizin, auf. Gatterer räumt der
Moraltheologie zumal für Beichtväter einen hohen Stellenwert ein, während andere
theologische Fächer für diese von nachgeordneter Bedeutung seien.
Im allgemeinen Teil des Compendium (Bd. 1) behandelt Gatterer als das Subjekt der Mo-
raltheologie den Menschen, als deren Objekt das Gesetz, als Bindeglied zwischen beiden
das Gewissen, schließlich Tugenden und gute Taten als Ausdruck der Harmonie zwischen
Subjekt und Objekt sowie Sünden als Zeichen der Störung dieser Harmonie. Die spezielle
Moraltheologie (Bd. 2) ist zweigeteilt : Als „Gemeinpflichten“ bezeichnet Gatterer Pflich-
ten gegen Gott, gegen uns selbst und gegen den Nächsten, als „Socialpflichten“ (diese
Termini sind den lat. als Übersetzung beigegeben) solche, die dem Verhältnis des Einzel-
nen zu Institutionen wie Ehe, Familie, Herrschaft, Berufsständen, Zivilgesellschaft und
Verwaltung entspringen.
Mit dieser Disposition lehnt sich Gatterer eng an seinen älteren Ordensbruder Be-
nedikt Peintner (vgl. hier S. 1013) an. Die Absteckung des wissenschaftstheore-
tischen Rahmens erfolgt bei ihm indes viel tiefschürfender, zumal in Gestalt der
zeittypischen Reflexion über das Verhältnis von Glaube und Vernunft und über die
Rolle der Kirche. Gleich Norbert Stock (s.o.) legt er ein Bekenntnis zu Thomas von
Aquin ab und betont, dass die Religion ohne die Vernunft nicht auskomme (Bd.
1, XX–XXII).
Gatterer besitzt eine tiefe Vertrautheit mit der Tugendlehre. Als deren Funda-
ment haben in seinen Augen die Aussagen zum Gesetz und dessen Auslegung zu
gelten. Deutlicher als Peintner erläutert er die aequitas („Billigkeit“), mit der lenitas
(„Milde“) einhergehe. In der Auseinandersetzung mit dem Begriff des Gesetzes im
AT und im NT erreicht die Arbeit auch dogmatisch ein hohes Niveau. Zeittypisch
sind apologetische Ansätze gegenüber den Protestanten (Bd. 1, 130–134).
Wie bei Peintner kommen auch die theologischen Tugenden zur Sprache. Zumal
die Ausführungen über den Glauben, in dessen Rahmen auch Fragen der religiösen
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322