Seite - 1128 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Bild der Seite - 1128 -
Text der Seite - 1128 -
1128 Von der Revolution 1848 bis heute
Pflichten gegen
uns selbst
Pflichten gegen
den Nächsten
Pflichten
der Stände
Staller, Epitome
theologiae moralis
Kirchentreue Toleranz und des Kultes fallen, sind von weit mehr als nur moraltheologischer Re-
levanz (Bd. 2, 18–155).
Auch hinsichtlich dessen, was Gatterer zur Sorge des Menschen für sich selbst
darstellt (Bd. 2, 232–273), kann weitgehend auf Peintner verwiesen werden. Be-
sondere Aufmerksamkeit verdienen die Denkanstöße zur Ethik in der Medizin und
zur Frage nach der Rechtmäßigkeit des Privateigentums. Diesbezüglich nimmt das
Buch den Geist der Sozialenzyklika Rerum novarum von 1891 vorweg, die zwar
den Staat bei der Lösung sozialer Probleme in die Pflicht nimmt, die sozialisti-
sche Eigentumslehre jedoch verwirft (Gelmi 1989, 275). Auch Gatterer tut dies
sehr deutlich : Materielle Sicherheit dürfe zwar nicht zum Selbstzweck werden, sie
schaffe jedoch geistige Freiheit und rege das Tugendstreben an, während Armut die
Ursache für viele Laster darstelle (Bd. 2, 272–273).
Gatterers Erörterung zwischenmenschlicher Beziehungen hat insgesamt eine
stark juridische Färbung. Dennoch ist auch diese Passage ein bemerkenswertes
sozial- und mentalitätsgeschichtliches Dokument, etwa wenn er im Spenden von
Almosen (wozu auch unentgeltliche ärztliche Leistungen und Rechtsbeistand gehö-
ren) einen gültigen Ersatz für öffentliche Sozialleistungen sieht (Bd. 2, 325–328).
Was Gatterer zu den „Socialpflichten“ zu sagen hat, deckt sich ebenfalls weit-
gehend mit Peintners einschlägigen Ausführungen, die er jedoch im Sinn der ge-
samtkirchlichen Entwicklung ajourniert. Besondere Genugtuung bereitet es dem
christlichen Verfechter der integren Familie, darauf verweisen zu können, dass es
Pius IX. in seiner Enzyklika von 1864 als großen Fehler des Sozialismus und des
Kommunismus bezeichnet habe, dass diese Systeme Elternrechte beschnitten (Bd.
2, 510–512).
Dem Tenor von Gatterers Arbeit entsprach – bis hin zur Gliederung – der Stoff,
der damals von den Studenten des Brixner Priesterseminars verlangt wurde. Die-
sen fasste Joseph Staller (1828–1899) aus Windisch-Matrei, 1852 zum Priester
geweiht, an der Anima in Rom zum Theologen ausgebildet, 1862 in Wien promo-
viert und 1863 mit dem Lehrstuhl für Moraltheologie betraut, einer der namhaf-
testen Vertreter dieses Faches in Brixen (vgl. Baur 1975, 45 ; Gelmi 2007, 210), in
zwei Bänden unter dem Titel Epitome theologiae moralis („Auszug der Moraltheo-
logie“ ; Brixen 1883) zusammen. Im Vorwort zum zweiten Band nennt er als Ziel-
gruppe außer den Studenten auch erfahrene Seelsorger, die bereits ausführlichere
Darstellungen kennen. Als Quellen gibt er außer Thomas von Aquin, Alphons von
Liguori und anderen v.a. clarissimum Stapf (Bd. 2, III ; „der hochberühmte Stapf“ ;
vgl. hier S. 1011) an.
Das Werk ruht fest auf der Ende des 19. Jhs. von der Kirche vertretenen Doktrin.
Dies zeigen zumal die Ausführungen über die Beziehung zwischen Glauben und
Vernunft, über Offenbarung, Kirche, Tradition, Unterschiede zwischen Katholiken
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322