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1140 Von der Revolution 1848 bis heute
aszetisches
Schrifttum
Guggenbichler,
Manuductio
spiritualis
Vorwort die bei vielfach ebenfalls pragmatischer Ausrichtung einen individuelleren Charak-
ter tragen : aszetische Schriften, Ordensgeschichten, prosopographische Werke und
Biographien. Im Folgenden seien diese Textsorten jeweils mit ein bis zwei Beispie-
len vorgestellt.
Den Anfang soll das aszetische Schrifttum machen, das der eigentlichen Theo-
logie insofern noch recht nahe steht, als die Aszetik auch eine (historisch aus der
Moraltheologie hervorgegangene) theologische Teildisziplin ist. Allerdings tragen
derartige Schriften im Tirol des ausgehenden 19. Jhs. kaum wissenschaftlichen,
sondern vielmehr erbaulichen Charakter. Sie treten in verschiedenen Spielarten auf
und versuchen als Anleitungen zu einem christlichen, möglichst sogar heiligmäßi-
gen Lebenswandel, zu Andacht, Meditation und Exerzitien, den Alltag ihrer Leser
mit katholischer Spiritualität zu erfüllen. Dabei richten sie sich in erster Linie an
Kleriker und solche, die es werden wollen.14
Zu den umfassendsten unter diesen Werken zählt die fast 600 Seiten starke
Manuductio spiritualis per vitam quotidianam („Geistliche Handleitung durch das
tägliche Leben“ ; vgl. Abb. 176, 177), die ein Frater Gaudentius OFM für seine Or-
densbrüder verfasste bzw. kompilierte und 1874 in Innsbruck zum Druck brachte.
Wir können ihn wahrscheinlich mit dem aus Jenbach stammenden Franziskaner
Gaudentius Guggenbichler (1829–1901) identifizieren, der auch sonst als Autor
erbaulicher Schriften hervorgetreten ist (s.u.).15
Das unpaginierte Vorwort an den wohlwollenden Leser ist in mehrfacher Hin-
sicht aufschlussreich. Es spricht zunächst von der Fülle an aszetischem Schrifttum,
das bereits auf dem Markt sei (passim existentibus praeclaris asceseos voluminibus),
und rechtfertigt dann die Existenz eines neuen Produkts dieser Art, indem es kurz
die Entstehungsgeschichte der Manuductio erläutert : Die Oberen der Ordenspro-
vinz hätten den Autor mit der Abfassung beauftragt, um insbesondere für die jun-
gen Ordensmitglieder einen einheitlichen Leitfaden zur Hand zu haben. Im Übri-
gen sei das Buch eher eine Kompilation aus diversen Manuskripten anderer Tiroler
Franziskaner als ein eigenständiges Werk. Schließlich kündigt Guggenbichler an,
er werde sich den weniger Gebildeten unter seinen Lesern zuliebe eines schlichten
Stils bedienen – ein Versprechen, das er hält, wie ein kurzer Auszug bald zeigen
wird. Zunächst aber ein Überblick über den Inhalt :
14 Vgl. neben dem gleich zu besprechenden Beispiel etwa noch den Conviator viatori fidelis sive preces et
exercitia in usum et commoditatem sacerdotum […] selectae („Treuer Wandergefährte oder Gebete und
Exerzitien, ausgesucht zum Gebrauch und Nutzen der […] Priester“ ; Innsbruck 1849) und die Octo
dies exercitiorum spiritualium ex textu et iuxta methodum Sancti Patris Ignatii („Acht Tage geistliche
Exerzitien auf Basis des Textes und nach der Methode des heiligen Vaters Ignatius“ ; Trient 1890).
15 Eine eigentliche Biographie seiner Person fehlt. Zahlreiche einschlägige Notizen enthält Priesching
2007, vgl. ihren Index 314 s.v.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322