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1146 Von der Revolution 1848 bis heute
der Fall
Maria von Mörl
Dokument
für Marias
Seligsprechung Reinschrift, im Franziskanerkloster Schwaz erhalten und liegt jetzt auch in deut-
scher Übersetzung mit Einleitung und Anmerkungen vor.21
Maria von Mörl (16. Oktober 1812–11. November 1868 ; vgl. Farbtafel 23) gilt
als die bekannteste unter den zahlreichen Tiroler Ekstatikerinnen des 19. Jhs. Von
Kindheit an äußerst fromm, verfiel sie seit Anfang der 1830er-Jahre häufig in re-
ligiöse Ekstase, wurde einige Zeit hindurch von Dämonen gequält und zeigte ab
1834 Stigmata. Sie vertraute sich ganz der geistlichen Leitung ihres Beichtvaters,
des Franziskaners Johannes Kapistran Soyers (†
1865), an und übersiedelte 1841 ins
Kloster der Tertiarschwestern in Kaltern, wo sie, meist bettlägerig, den Rest ihres
Lebens verbrachte. Schon bald wurde sie zu einer Berühmtheit : Tausende pilger-
ten zu ihr, darunter hochrangige Persönlichkeiten und Zelebritäten wie Clemens
Brentano und Joseph Görres. Die Bemühungen um ihre Seligsprechung, die nach
ihrem Tod einsetzten, blieben allerdings aufgrund von Zwistigkeiten unter ihren
Verehrern erfolglos (Priesching 2004 und 2007).
Die Biographie der Ekstatikerin (vgl. Abb. 178), die der bereits erwähnte Gau-
dentius Guggenbichler auf Geheiß seines Provinzials Eugen Schönherr bald nach
ihrem Tod zu verfassen begann und am 19. April 1868 abschloss,22 hätte eigent-
lich ihre Seligsprechung unterstützen sollen, doch unterblieb eine Publikation aus
den eben genannten Gründen (Priesching 2007, 9–13). Die Zweckbestimmung des
Textes schlägt sich zunächst in der Sprachwahl nieder : Sein Lat. sollte in erster Li-
nie die gebildeten kirchlichen Entscheidungsträger ansprechen. Des Weiteren wird
großes Gewicht auf die Wahrheit und Genauigkeit des Berichteten gelegt : Häufig
finden sich (auch deutschsprachige) Briefe und andere Dokumente zitiert, und den
Schluss des autographen Konzepts bilden ein Verzeichnis der verwendeten Quellen
(Aufzeichnungen Kapistrans, Akten, Aussagen mit Maria gut bekannter Personen,
ein schon 1838 nach Rom geschickter Bericht) sowie eine Beglaubigung samt Siegel
durch den Kalterer Pfarrer und Dekan Anton Mayrhofer.23 Schließlich soll auch die
übersichtliche Disposition zur Überzeugungskraft der Biographie beitragen.
Die Descriptio gliedert sich in drei große Teile, die ihrerseits in kleinere Einheiten zerfal-
len. Der erste Teil berichtet zunächst über den ersten, unspektakulären Teil von Marias
Leben (Ordinarius vitae status), dann über den Beginn ihrer Karriere als Ekstatikerin, etwa
21 Priesching 2007. Die beiden Exemplare der Vita sind Nr. 10 und 11 in ihrem Quellenverzeichnis
(305).
22 Zwei Jahre später schrieb Guggenbichler noch einen deutschsprachigen Vorspann, in dem er in das
Phänomen der religiösen Ekstase i.A. einführt (Priesching 2007, 47–109).
23 In der zwei Tage später vollendeten Ab- und Reinschrift eines Joachim Schroffenegger ist dieser
Apparat durch eine Genauigkeitsbeteuerung des Kopisten und ein zusätzliches Zeugnis Mayrhofers
ergänzt, der Original und Kopie verglichen und für übereinstimmend befunden hat.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322